Gefangenenlager auf Kuba:US-Regierung muss Videos aus Guantanamo veröffentlichen

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US-Soldaten überwachen die Häftlinge im Gefangenenlager Guantanamo. (Foto: Joe Raedle/Getty Images)
  • Eine Richterin ordnete die Freigabe von Videos aus Guantanamo an, die zeigen, wie ein Häftling zwangsernährt wird.
  • Zum ersten Mal befasst sich ein US-Gericht mit den umstrittenen Haftbedingungen in dem Gefangenenlager.
  • Derzeit werden noch 149 Häftlinge in Guantanamo festgehalten.

Gericht prüft Haftbedingungen auf Guantanamo

Erstmalig seit der Eröffnung des umstrittenen Gefangenenlagers auf Kuba untersucht ein US-Bundesgericht die Haftbedingungen in Guantanamo. Die zuständige Richterin Gladys Kessler verfügte am Freitag, dass die US-Regierung Videos freigeben muss, die sie lieber unter Verschluss gehalten hätte.

Die Aufnahmen zeigen, wie der syrische Häftling Abu Wa'el Dhiab auf brutale Weise zwangsernährt wird. Eine Sondereinheit holt den hungerstreikenden Syrer aus seiner Zelle, fixiert ihn und führt ihm einen Schlauch durch die Nase in die Speiseröhre, wobei Dhiab offensichtlich unter starken Schmerzen leidet. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten und Anwälten musste der Häftling diese Praxis über Monate hinweg ertragen. Mittlerweile hat er dagegen geklagt.

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Obama wollte Guantanamo schließen, aber Republikaner und Gerichte verhinderten das. Der US-Präsident muss sogar Lob von Widersacher Dick Cheney ertragen. Menschenrechtler fürchten, dass das Schandlager verewigt wird.

Christian Wernicke, Washington

Noch 149 Häftlinge werden auf Guantanamo festgehalten

Obwohl amerikanische Behörden bereits im Juni 2009 erklärt hatten, dass es möglich sei, Dhiab freizulassen, wird er seit mehr als zehn Jahren ohne Prozess auf dem US-Militärstützpunkt auf Kuba festgehalten - ebenso wie derzeit noch 148 andere Häftlinge.

"Die Videos waren nur sehr schwer anzuschauen", sagte Dhiabs Verteidiger Eric Lewis, der elf Stunden Videomaterial aus den vergangenen 18 Monaten einsehen durfte. Die USA wollten die Bilder angeblich aus Sicherheitsgründen unter Verschluss halten. Seitdem sich im Februar 2013 ein Drittel der Guantanamo-Gefangenen an einem Hungerstreik beteiligt hatte, veröffentlicht das Verteidigungsministerium keine Informationen mehr über weitere Streiks.

Die US-Regierung hatte die Videos als "geheim" klassifiziert, mit der Begründung, dass die nationale Sicherheit der USA bei deren Veröffentlichung "ernsthaft beschädigt" werden könne. "Die Geschichte lehrt uns, wie leicht das Gespenst einer Bedrohung der "nationalen Sicherheit" verwendet werden kann, um eine breite Vielzahl repressiver Handlungen der Regierung zu rechtfertigen", begründete Richterin Kessler ihr Urteil. Diese Begründung reiche nicht aus, um die Aufnahmen unter Verschluss zu halten.

Zwangsernährung ist hochumstritten

Die Veröffentlichung der Videos ist schon der zweite Erfolg für die Klägerseite. Am Donnerstag hatte Richterin Kessler zum Ärger der US-Regierung entschieden, dass die Anhörung öffentlich stattfindet. Die Regierung hatte ein Verfahren hinter verschlossenen Türen gefordert und will die Entscheidung der Bundesrichterin prüfen lassen. Dhiabs Anwalt Lewis warf dem Ministerium vor, mit der Ablehnung eines öffentlichen Prozesses "einen der Grundpfeiler unserer Demokratie" zu untergraben.

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Im US-Militärgefängnis Guantanamo herrschte ein Willkürsystem: Unschuldige wurden eingesperrt, Misshandlungen und psychische Probleme in Kauf genommen. Dies zeigen mehr als 700 Geheimakten, die jetzt durch Wikileaks bekannt geworden sind. Zugleich erfährt die Welt Details über 14 prominente Terroristen - und Bin Ladens Flucht nach 9/11.

der Überblick

Menschenrechtsorganisationen prangern die Praxis der Zwangsernährung seit Jahren an. In dem am Montag beginnenden Verfahren will Richterin Kessler drei Experten anhören, unter ihnen den früheren Armeepsychiater Stephen Xenakis und den Medizinethiker Steven Miles.

© Süddeutsche.de/afp/dpa/sosa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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