Schwerverbrecher:Koalition einig bei Sicherungsverwahrung

Der Streit zwischen FDP und Union ist beigelegt: Gefährliche Schwerverbrecher sollen auch nach dem Ende ihrer Haft in Gewahrsam bleiben. Die Einrichtungen sollen aber weder Justizvollzugsanstalten noch Psychiatrien sein.

Der wochenlange Streit über die Reform der Sicherungsverwahrung ist beigelegt. Die Regierungskoalition aus Union und FDP will ein neues Unterbringungsgesetz beschließen, mit dem der Staat gefährliche Schwerverbrecher auch nach dem Ende ihrer Haft in Gewahrsam nehmen kann. Dies bestätigten die Innenexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl und Wolfgang Bosbach.

Sicherungsverwahrung

Der Einigung zwischen FDP und Union zufolge sollen psychisch kranke Täter weiter unter "haftähnlichen Bedingungen" in neu zu gründenden Einrichtungen untergebracht werden können. Im Bild: Eine Einzelzelle in der Justizvollzugsanstalt in Offenburg.

(Foto: dpa)

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) will den Berliner Koalitionskompromiss zur Sicherungsverwahrung jedoch nicht mittragen, wenn dadurch Sicherheitslücken entstehen. "Ich werde nicht zustimmen, solange ich keine ausformulierten Texte habe und solange wir nicht sicher sagen können, dass alle Fälle, die heute unter die nachträgliche Sicherungsverwahrung fallen, auch im künftigen Recht wirklich erfasst sind", erklärte Merk.

Der Einigung zufolge sollen psychisch kranke Täter weiter unter "haftähnlichen Bedingungen" in neu zu gründenden Einrichtungen untergebracht werden können. Diese sollen aber weder Justizvollzugsanstalten noch psychiatrische Anstalten sein, wie Bosbach sagte. In den Einrichtungen sollen die Insassen therapiert werden; zudem sollen alle 18 Monate externe Gutachter prüfen, ob eine Entlassung verantwortbar ist.

Bosbach sagte, die Idee der Fußfessel sei als unpraktikabel verworfen worden. Er räumte ein, dass der Aufbau der neuen Einrichtungen viel Geld kosten werde. Eventuell könnten sich dabei aber mehrere Länder zusammentun. Gegenrechnen müsse man die Kosten für die personalintensive Überwachung von Freigelassenen, die dann wegfalle.

Der FDP-Rechtspolitiker Stephan Thomae schränkte ein, dass die bereits in den vergangenen Wochen aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Straftäter nach dem geplanten Gesetz nicht wieder in Gewahrsam genommen werden können.

Warnung vor Millionen-Kosten

Bundesweit sind bereits rund 15 gefährliche Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden. Dutzende weitere könnten folgen. Die Dauer-Überwachung sämtlicher Täter durch die Polizei würde Millionen Euro kosten. Anlass der Reform ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Richter in Straßburg hatten die deutsche Praxis der nachträglichen Sicherungsverwahrung für ungesetzlich erklärt.

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