Gedenkfeiern zum 11. September:Spalten statt versöhnen

Rechte Populisten wollen die Gedenkfeiern in New York für ihre Zwecke missbrauchen. Sie warnen dabei vor einer Übernahme der Vereinigten Staaten durch die Muslime.

Jörg Häntzschel

Die Gedenkfeiern an den Jahrestagen von 9/11 laufen in New York seit Jahren immer gleich ab. Die Namen der Toten wurden verlesen, der Bürgermeister war da, Politiker, die Feuerwehr. Es war still und friedlich. Dieses Jahr wird es laut werden. Zwei anti-islamische Organisationen, Freedom Defense Initiative und Stop Islamization of America, wollen den Tag für eine Demonstration gegen die sogenannte Ground-Zero-Mega-Moschee nützen - und gegen die von ihnen befürchtete "Übernahme" Amerikas durch die Muslime.

Ground Zero Memorial Lights Tested

Die "Memorial Lights" am Ground Zero wurden bereits getestet. Über die Feierlichkeiten zum Jahrestag wird jedoch heftig debattiert.

(Foto: AFP)

Die radikalen Gruppen haben prominente Unterstützer: Außer einigen Angehörigen von 9/11-Opfern und konservativen Publizisten wie Andrew Breitbart wird der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders sprechen. Der frühere amerikanische UN-Botschafter John Bolton will der Demonstration mit einer Videobotschaft seinen Segen geben.

"Cordoba House"

Hinter beiden Organisationen steht die frühere Journalistin Pamela Geller, die sich rühmen kann, den Proteststurm entfacht zu haben. Geller hat sich in den Neunzigern als glühende Verteidigerin des früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic einen Namen gemacht und hat die Schwarzen in Südafrika des "Genozids" gegen die Weißen bezichtigt. Selbst viele Kritiker des islamischen Zentrums schlagen angesichts der Proteste die Hände über dem Kopf zusammen. "Man hätte einen anderen Termin und einen anderen Ort finden sollen", meinte Peter King, ein New Yorker Republikaner. Debra Burlingame, deren Bruder Pilot des Flugzeugs war, das ins Pentagon stürzte und die die Kampagne Gellers unterstützt, sagte: "Dieser Tag sollte dem Gedenken vorbehalten bleiben."

Derweil hat sich nun erstmals Feisal Abdul Rauf, der Imam des geplanten Zentrums, zu Wort gemeldet. In einem Beitrag auf der Meinungsseite der New York Times und in einem Interview mit CNN versuchte er, einige der Legenden auszuräumen, die sich im Zuge der Proteste festgesetzt haben: Zum einen handele es sich bei "Park51" nicht um eine Moschee, sondern ein Kultur- und Sportzentrum nach dem Vorbild der YMCAs. Außer den muslimischen sollten auch christliche und jüdische Gebetsräume eingerichtet werden.

Den ursprünglichen Namen "Cordoba House" habe er gewählt, um an die friedliche Koexistenz von Muslimen, Christen und Juden in der spanischen Stadt zu erinnern. Außerdem erinnerte er daran, dass niemand an dem Projekt Anstoß nahm, als es im Dezember vorgestellt wurde. Inzwischen aber gibt es immer mehr Proteste und auch Demonstrationen gegen das Vorhaben.

Gutes Neujahrsfest

Hätte er gewusst, welche Kontroverse sein Projekt auslösen würde, hätte er sich einen anderen Standort ausgesucht, sagte Rauf. Nun jedoch solle man dabei bleiben. Gäbe man dem Druck nach, "würden wir die Diskurshoheit und letztlich unsere Zukunft den Radikalen auf beiden Seiten überlassen", schrieb er. Dennoch sei er Erwägungen, nach einem neuen Ort zu suchen, nicht grundsätzlich abgeneigt.

Auf seine Äußerungen kurz nach 9/11 angesprochen, die USA trügen Mitschuld am Aufstieg der Islamisten und damit an dem Terroranschlag, sagte er: Er habe die Aufgabe, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Allerdings bedaure er, dass er sich so unsensibel ausgedrückt habe. Seine Weigerung, Hamas als Terrorgruppe zu bezeichnen, korrigierte er: "Hamas hat Terroranschläge ausgeübt." Dann wünschte er seinen jüdischen Freunden ein gutes Neujahrsfest.

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