Buhrufe bei Maidan-Gedenkfeier
Ein Jahr nach Beginn der prowestlichen Maidan-Proteste in Kiew hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko der mehr als 100 Toten gedacht. Bei strahlendem Sonnenschein legte er an einem Mahnmal unweit des Unabhängigkeitsplatzes (Maidan) einen Kranz nieder.
Wütende Angehörige getöteter Demonstranten buhten den Präsidenten aus und forderten lautstark Aufklärung der Gewalt bei den Kundgebungen vor allem im Frühjahr. "Schande! Warum wurde niemand bestraft?", riefen aufgebrachte Zuschauer. Poroschenko kündigte später an, alle bei den Maidan-Protesten getöteten Menschen als "Helden der Ukraine" zu ehren. An der Gedenkveranstaltung nahmen auch Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk und US-Vizepräsident Joe Biden teil.
Am 21. November vergangenen Jahres hatte die ukrainische Regierung unter dem damaligen prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch ein über Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt und sich stattdessen Moskau zugewandt. Der Schwenk löste wochenlange proeuropäische Proteste in Kiew aus. Im Februar waren Sicherheitskräfte gewaltsam gegen die Demonstranten vorgegangen, zig Menschen wurden bei Straßenkämpfen getötet. Trotz einer vorherigen Einigung war Janukowitsch überraschend nach Russland geflohen und wurde abgesetzt. Der prowestliche Politiker Poroschenko wurde im Mai zum neuen Präsidenten gewählt.
Parteien in Kiew einigen sich auf Koalitionsvertrag
Zum Jahrestag des Beginns der Massenproteste auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan in Kiew haben sich die prowestlichen Sieger der ukrainischen Parlamentswahl auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Das Dokument solle bei der ersten Sitzung der Obersten Rada am kommenden Donnerstag unterschrieben werden, teilte die Partei von Präsident Petro Poroschenko örtlichen Medien zufolge mit. Fünf prowestliche Kräfte hätten dem Text zugestimmt, darunter auch die neu gegründete Volksfront von Jazenjuk.
Exklusiv Polen über Russland-Politik der EU:"Dann müssen wir neue Sanktionen sofort verhängen können"
Die EU sollte vorbereitet sein: Falls Moskau in der Ostukraine aggressiv gegen Städte wie Mariupol vorgehe, müsse die EU schnell reagieren, fordert Polens Außenminister Schetyna. Er vergleicht die aktuelle Lage mit den Zeiten der Kubakrise und des Mauerbaus - von Kaltem Krieg will er aber nicht sprechen.
Mehrheit der Deutschen ist gegen eine Verschärfung der Sanktionen
Trotz des anhaltenden Konflikts mit Russland in der Ukraine-Krise wollen die Deutschen mehrheitlich keine schärferen Sanktionen gegen Moskau. Dem im ARD-"Morgenmagazin" veröffentlichten "Deutschlandtrend" zufolge ist nur eine Minderheit von 19 Prozent dafür, die Strafmaßnahmen auszuweiten. 43 Prozent halten die derzeitigen Sanktionen der USA und der EU für angemessen. Etwa ein Viertel (27 Prozent) plädiert sogar für ihre Aufhebung.
Die EU-Außenminister hatten am Montag auf neue Sanktionen gegen Russland verzichtet und lediglich beschlossen, weitere Separatisten in der Ukraine mit Einreise- und Kontensperren zu belegen. Wegen des Ukraine-Konflikts hatten die EU und die USA zuvor aber mehrfach Sanktionen gegen Russland verhängt. Kiew und der Westen werfen Moskau vor, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine mit Soldaten und Waffen zu unterstützen. Russland dementiert dies.
Moskau finanziert offenbar die Separatisten in der Ostukraine
Die von den prorussischen Separatisten ausgerufenen Volksrepubliken in Donezk und Luhansk werden nach Angaben eines hochrangigen Rebellen-Funktionärs maßgeblich von Russland finanziert. "Uns hilft die Russische Föderation", sagte der Verwaltungschef des Gebietes um Donezk, Igor Martinow, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Man bekomme "nicht nur ein bisschen Geld, sondern viel". Russland zahle etwa die Kosten der städtischen Dienste, des Nahverkehrs und der Schulen, sagte Martinow. Auch Renten- und Sozialleistungen würden aus Russland geleistet. Die Verwaltung in Donezk könne nur etwa 20 Prozent des Finanzbedarfs aus eigenen Einnahmen decken.
Die ukrainische Regierung hatte nach den nicht anerkannten Wahlen in den Separatistengebieten Anfang November alle Zahlungen in die von den Milizen kontrollierten Gebiete eingestellt. Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Separatisten auch mit Soldaten und Waffen zu unterstützen.
Ukraine verkauft großen Teil ihrer Goldreserven
Die wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine hat nach Angaben des IWF im Oktober mehr als ein Drittel ihrer Goldreserven verkauft. Am Ende des Monats verfügte das Land noch über 26 Tonnen Gold, 14 Tonnen weniger als im September, wie aus Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) hervorgeht. Ob sich der Trend im November fortsetzt, war zunächst unklar.
Die Ukraine steht am Rande der Staatspleite. Sie ist abhängig von ausländischen Krediten und schuldet Russland noch eine erhebliche Summe für Erdgaslieferungen. Die Landeswährung hat zum US-Dollar in diesem Jahr bereits mehr als 80 Prozent an Wert verloren.
Die umgekehrte Entwicklung ist in Russland zu beobachten. Die Sanktionen, die die USA und die Europäische Union wegen der Ukraine-Krise verhängt haben, treffen auch die russischen Goldminen-Betreiber. Deshalb stockte Russland seine Goldreserven dem IWF zufolge um knapp 19 Tonnen auf 1168 Tonnen auf. Das ist das fünftgrößte Volumen, das derzeit von einer Zentralbank gehalten wird.