Geburtstagsfeier für Wolfgang Schäuble:Langzeitgedächtnis der Republik

Zu seinem 70. Geburtstag hat Wolfgang Schäuble schon reichlich Glückwünsche bekommen - jetzt wollte ihn auch die Unionsfraktion noch feiern. Schäuble, der unbequeme kluge Freigeist, das ist das Motiv, das sich durch die ganze Feierstunde zieht - und der Finanzminister macht keinen Hehl daraus, dass ihm das gefällt.

Robert Roßmann, Berlin

Wer Volker Kauder kennt, konnte ahnen, dass er die Feier nicht ohne Spitze eröffnen wird. Die Unionsfraktion hat am Mittwoch zur Geburtstagsmatinee für Wolfgang Schäuble ins Deutsche Theater geladen. Fast alle Minister, Parteichefs und Generalsekretäre von Union und FDP sind gekommen. "Warum treffen sich die ausgerechnet im Theater?", fragt Kauder. Theater gebe es in Berlin doch schon genug, sogar auf offener Bühne. "Heute findet hier aber Regietheater statt - nicht jeder macht, was er will, stattdessen geht alles nach Plan!" Kauder ist genervt vom ewigen Chaos in der Koalition - das musste gesagt werden. Die Gemeinten sitzen in den ersten Reihen und lachen zur Kritik.

***BESTPIX***  Wolfgang Schaeuble 70th Birthday Celebration

Auch sie kamen, um ihn zu ehren: Angela Merkel und Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds, auf der Feier zu Wolfgang Schäubles 70. Geburtstag.

(Foto: Getty Images)

Der Finanzminister wurde bereits am 18. September 70 - und ist seitdem schon mehr als ordentlich gewürdigt worden. Am Mittwoch wollte ihn auch seine Fraktion noch feiern. Schließlich ist Schäuble ihr dienstältestes Mitglied. Vor 40 Jahren wurde der Badener das erste Mal in den Bundestag gewählt. Damit ist er quer durch die Parteien einsamer Rekordhalter. Michael Glos und Heinz Riesenhuber kamen erst 1976 ins Parlament. Die beiden Ex-Minister sind längst im politischen Austragshäuschen. Jetzt sitzen sie weit hinten im Publikum. "Das Langzeitgedächtnis der Republik" sei Schäuble, wird Angela Merkel später sagen.

Vermutlich ist Kauder der einzige Politiker im Saal, der Schäuble von Anbeginn seines Wirkens erlebt hat. "Wir haben uns vor mehr als 40 Jahren bei der Jungen Union Süd-Baden kennen gelernt", sagt Kauder. Schon damals sei Schäuble im Umgang "manchmal spöttisch und knorrig gewesen". Um so erstaunlicher sei es, dass die Freundschaft bis heute gehalten habe. Es ist das Motiv, das sich durch die ganze Feierstunde zieht: Schäuble, der unbequeme kluge Freigeist. Der Minister sei "manchmal nicht einfach zu erleben", nennt Merkel das. Schäuble ist stolz darauf - und macht daraus keinen Hehl.

"Vor meiner Berufung zum Finanzminister habe ich der Kanzlerin gesagt: Sie können sich auf meine Loyalität verlassen - aber Sie wissen, was Sie tun", erzählt der Minister in seiner Dankesrede. "Vielen Dank für die Großzügigkeit, mich zu ertragen."

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