Gazpromchef Miller warnt::Gas könnte auch in Deutschland knapp werden

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Im Streit mit Moskau über Preiserhöhungen kündigt die weißrussische Regierung Blockade der Lieferungen an.

Im Streit zwischen Russland und Weißrussland über Preiserhöhungen für Erdgas hat der Moskauer Konzern Gazprom Westeuropa vor Lieferengpässen gewarnt.

Das Unternehmen habe entsprechende Briefe an seine Partner geschickt, sagte Unternehmenschef Alexej Miller. Die Regierung in Minsk hatte zuvor gedroht, die Gasleitung nach Westen zu blockieren.

Die ehemalige Sowjetrepublik bezieht ihr Gas noch für 46 US-Dollar je 1000 Kubikmeter - weit weniger als der durchschnittliche Exportpreis, den der Gasmonopolist Gazprom von ausländischen Kunden verlangt.

Der Konzern wollte von Minsk vom 1. Januar 2007 an zunächst 200 Dollar, senkte die Forderung aber auf 110 Dollar für den Fall, dass Weißrussland zugleich die Hälfte des staatlich kontrollierten Leitungsnetzes abgäbe.

Im Gegenzug teilte die Regierung in Minsk mit, die Gaslieferungen nach Westeuropa zu stoppen, falls keine Einigung mit den Nachbarn möglich sei. Der weißrussische Vizeregierungschef Wladimir Semaschko sagte am Mittwoch:

"Wir sind voneinander abhängig. Wenn wir keinen Liefervertrag bekommen, wird Gazprom keinen Durchleitungsvertrag haben." Zudem wies er darauf hin, dass 22 Prozent der russischen Gaslieferungen nach Europa über weißrussisches Territorium liefen.

Der international isolierte Diktator Alexander Lukaschenko gilt als politisch wie wirtschaftlich abhängig von Moskau. Gazprom kündigte am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax an, die Lieferungen einzustellen, sollte bis zum 1. Januar kein neuer Liefervertrag unterzeichnet worden sein.

Gazprom-Kunden in Westeuropa seien über mögliche Lieferengpässe informiert worden. Man habe entsprechende Briefe an Partner in Litauen, Polen und Deutschland geschickt, sagte Unternehmenschef Alexej Miller.

Schon vor einem Jahr gab es einen ähnlichen Streit zwischen Russland und der Ukraine. Auch damals verlangte Gazprom höhere Preise. Zeitweilig wurden die Lieferungen nach Europa gedrosselt.

Die Bundesregierung erwartet allerdings keine negativen Auswirkungen des Gaskonflikts auf die Energieversorgung in Deutschland. Zugleich äußerte sich der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg jedoch kritisch über das russische Vorgehen.

Die Bundesregierung habe Verständnis für Anpassungen des Gaspreises, es sei jedoch wünschenswert, dass diese "planbar und nicht eruptiv" vorgenommen würden, sodass nicht ganze Volkswirtschaften in Bedrängnis gerieten.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte: "Wir gehen davon aus, dass Deutschland über eine gute und hohe Versorgungssicherheit verfügt."

Ergasspeicher sind "rammelvoll"

Anders als während der Ukraine-Krise erwartet auch die deutsche Gaswirtschaft vorerst keine Schwierigkeiten bei der Versorgung. Nach dem milden Herbst seien die Erdgasspeicher "rammelvoll", hatte Burckhard Bergmann, der Chef des größten deutschen Gaskonzerns Eon Ruhrgas, kurz vor Weihnachten gesagt.

Die BASF-Tochtergesellschaft Wingas teilte mit, die deutschen Kunden des Unternehmens könnten sich auf eine sichere Versorgung verlassen.

Dagegen geht Claudia Kempfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin davon aus, dass der Stopp der Gasversorgung für Weißrussland zwangsläufig zur Folge habe, "dass in Westeuropa nicht genügend Gas ankommen wird". Es wachse die Sorge, "dass eines Tages auch Westeuropa von solchen Drohungen und Liefereinschränkungen betroffen sein kann", sagte sie.

© SZ vom 28. Dezember 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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