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Gaza-Blockade:Blair: Israel will Gaza-Blockade lockern

Die Palästinenser im Gaza-Streifen dürfen hoffen: Drei Jahre nachdem die Hamas die Macht übernahm und Israel das Gebiet von der Außenwelt abschnitt, besteht Hoffnung auf eine Lockerung der Blockade.

Nach dreijähriger Blockade des Gaza-Streifens will Israel nach europäischen Angaben erstmals wieder umfangreiche Warenlieferungen zulassen. Der Nahost-Beauftragte Tony Blair sagte am Montag nach Beratungen mit den EU-Außenministern in Luxemburg, er hoffe bereits in den kommenden Tagen auf eine entsprechende Zusage. Zugleich begrüßte Blair die von Israel angekündigte Untersuchung des Militärangriffs auf die Gaza-Hilfsflotte.

Blair sagte in Luxemburg, der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu habe sich ihm gegenüber bereits im Grundsatz verpflichtet, mehr Güter in den Gaza-Streifen zu lassen. Dafür soll die geltende Positivliste zur Einfuhr von Waren durch eine kurze Liste verbotener Güter ersetzt werden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte in Luxemburg, die EU habe "erste Signale von Israel", dass auch Hilfslieferungen wieder zugelassen würden.

Die EU-Außenminister riefen Israel in einer gemeinsamen Erklärung zur "sofortigen, nachhaltigen und bedingungslosen Öffnung der Grenzübergänge" in den Gaza-Streifen auf. Neben Hilfsgütern und Waren müssten auch Menschen wieder ungehindert passieren können, forderte die EU. Israel hatte den nur 45 Kilometer langen Küstenstreifen mit 1,5 Millionen Palästinensern nach der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas 2007 praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sprach von einer "explosiven Situation". Nach seinen Angaben erlauben die Israelis derzeit nur die Einfuhr von knapp hundert Gütern in den Gaza-Streifen, vor der Blockade waren es noch rund 4000. Rund 80 Prozent der Waren werden deshalb durch Tunnel aus Ägypten geschmuggelt. Nach Diplomatenangaben könnte Israel die Grenzübergänge Karni und Kerem Schalom wieder öffnen.

Die von Israel angekündigte Untersuchung zum Militärangriff auf die Gaza-Hilfsflotte mit neun Toten nannte Blair einen "bedeutenden Schritt nach vorn". Die Türkei forderte dagegen erneut eine internationale Untersuchung. Außenminister Ahmet Davutoglu sagte in Ankara, seine Regierung habe "kein Vertrauen" in eine unparteiische Untersuchung durch Israel. Bei dem Angriff des israelischen Militärs auf die Schiffe waren Ende Mai neun türkische Staatsbürger ums Leben gekommen.

Die am Montag vom israelischen Kabinett beschlossene Untersuchungskommission leitet der frühere Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, der 75-jährige Yaakov Tirkel. Zwei ausländische Beobachter wurden bestimmt, der irische Nobelpreisträger David Trimble und der Kanadier Ken Watkin. Die EU-Außenminister forderten in ihrer Erklärung eine "sofortige, umfassende und unabhängige Untersuchung" mit "glaubhafter internationaler Beteiligung". Sie bewerteten die von Israel eingesetzte Kommission aber nicht ausdrücklich.

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AFP/dgr/liv
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