Gauweiler-Rede bei der Bundeswehr:Zurück zur Landesverteidigung

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Peter Gauweiler stellt die deutsche Sicherheitspolitik der vergangenen Jahre infrage. Laut Manuskript sagte der CSU-Vize bei der Bundeswehr, Auslandseinsätze wie in Afghanistan seien nicht vom Grundgesetz gedeckt. Er stellt sich damit gegen seine eigene Partei.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Für den stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Peter Gauweiler sind Auslandseinsätze der Bundeswehr wie in Afghanistan nicht vom Grundgesetz gedeckt. In einer Rede an der Bundeswehr-Universität in Hamburg sagte Gauweiler am Mittwoch laut Manuskript, die Bundeswehr müsse sich auf den Auftrag der Landesverteidigung beschränken.

Er wandte sich gegen Bundespräsident Joachim Gauck, der Anfang des Jahres gefordert hatte, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, notfalls auch mit militärischen Mitteln. Ähnlich hatten sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geäußert.

"Wir müssen den ,Verteidigungsauftrag' unserer Armee wieder vom Kopf auf die Füße stellen", heißt es im Manuskript für Gauweilers Rede. "Die Umwidmung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee war ein Tabubruch", der mit der "historischen und verfassungspolitischen Motivation des Grundgesetzes nicht übereinstimmt", so der Text weiter. "Der Einsatz von mehr militärischer Gewalt ist für Deutschland kein Mittel, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen."

Dem Grundgesetz könne kein weltweiter militärischer "Verteidigungsauftrag" entnommen werden, durch den die Armee global zur Durchsetzung politisch definierter Rechte eingesetzt werden könne. Die Bundeswehr sei "zur Landesverteidigung und nicht zum Moralexport gegründet" worden, so Gauweilers Manuskript. Das Grundgesetz sei daher "nicht die taugliche Verfassung" für weltweite Einsätze.

Der stellvertretende Parteivorsitzende stellt damit die deutsche Sicherheitspolitik der vergangenen Jahre infrage. Zwar hatte er sich , wie auch einige andere CSU-Politiker, nach den Vorstößen von Gauck, Steinmeier und von der Leyen zu Beginn des Jahres bereits kritisch zu deren Position eingelassen, dass Deutschland sich in der Welt stärker engagieren müsse. Mit seiner Rede stellt er nun aber ebenso Einsätze infrage, die auch seine Partei im Parlament stets mitgetragen hat. Über Gaucks Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz sagte er: "Natürlich ging es dem Bundespräsidenten um die Weltherrschaft des Guten." Es diene aber "weder dem Frieden in der Welt noch einer echten Entspannung in Europa", für eine Ausweitung deutscher Militäreinsätze zu werben.

Gauweiler widerspricht Gauck, von der Leyen und Steinmeier

Über den Einsatz in Afghanistan heißt es in Gauweilers Redetext, dort habe man sich in eine Situation begeben, die der Verfassungslage "in nichts" entspreche: "Deutschland wurde nicht angegriffen, und auch im Übrigen bestand keine Verteidigungslage mit Blick auf Afghanistan mehr." Daran anknüpfend, setzt sich der Bundestagsabgeordnete mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 zum Thema Auslandseinsätze auseinander, wonach "die Feststellung des Verteidigungsfalls" nicht Voraussetzung "für jeden Verteidigungseinsatz der Bundeswehr" ist. Gauweiler wirft dem Gericht vor, es habe "etwas in die Verfassung" gelesen, "was dort nicht enthalten ist". Verteidigungseinsätze der Bundeswehr seien materiell-rechtlich "nur bei einem bewaffneten Angriff auf das Bundesgebiet rechtmäßig".

Gauweiler setzt sich in seinem Manuskript auch mit dem veränderten Verteidigungsbegriff der Nato auseinander. Hier könne man nur "von einer krassen Fehlentwicklung sprechen", die das Bundesverfassungsgericht nicht verhindert habe. Einsätze wie der in Afghanistan, also "fernab des euro-atlantischen Raums", entsprächen nicht mehr jenen Voraussetzungen, unter denen der Bundestag einst dem Nato-Beitritt zugestimmt habe. Der "regionale Bezugsrahmen der Nato" werde "ins Unendliche ausgedehnt", heißt es im Text.

Gauweiler stellt auch das Konzept der humanitären Intervention infrage, also des militärischen Eingreifens im Fall schwerer Menschenrechtsverletzungen. Völkerrechtler, die solche Einsätze rechtfertigten, halte er "für die Wegbereiter der Kriege der Zukunft". Auch diese Art der Intervention sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, so sein Redemanuskript. "Wer das will, muss eine neue Verfassung schaffen."

© SZ vom 06.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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