Gauck zu deutschen Kriegsverbrechen in Griechenland:"Was geschehen ist, war brutales Unrecht"

Bundespräsident Gauck in Griechenland

Brutales Wehrmachtsverbrechen: Gauck bittet Griechen in Lyngiades um Verzeihung.

(Foto: dpa)

Mehr als 80 Menschen ermorderte die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in Lyngiades. Beim Besuch des griechischen Dorfes gesteht Bundespräsident Gauck die Schuld der Deutschen ein - und bittet die Familien der Ermordeten um Verzeihung.

Bundespräsident Joachim Gauck hat in Griechenland um Verzeihung für die Verbrechen der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg gebeten. "Mit Scham und Schmerz bitte ich im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung", sagte Gauck bei einem Besuch des nordgriechischen Bergdorfs Lyngiades, das 1943 von Wehrmachtssoldaten in einer Vergeltungsaktion zerstört worden war.

"Ich verneige mich vor den Opfern der ungeheuren Verbrechen", sagte Gauck. Er wolle aussprechen, was "Täter und viele politische Verantwortliche" in der Nachkriegszeit nicht aussprechen wollten: Das, was geschehen ist, war brutales Unrecht."

Aus Rache für das tödliche Attentat auf einen deutschen Regimentskommandeur waren deutsche Soldaten am 3. Oktober 1943 in das Dorf Lyngiades einmarschiert und hatten wahllos Bewohner ermordet. Mehr als 80 Menschen wurden brutal getötet, die meisten von ihnen Frauen, Kinder und alte Leute. Die Häuser wurden niedergebrannt.

Am Mahnmal für die Opfer legte Gauck einen Kranz nieder. In einer kurzen Ansprache äußerte Gauck sein Bedauern darüber, dass sich die Verantwortlichen des Verbrechens nie selbst zu ihrer Schuld bekannt hätten. Es seien "diese nicht gesagten Sätze, die eine zweite Schuld begründen, da sie die Opfer sogar noch aus der Erinnerung verbannen", sagte Gauck weiter.

Bei seinem Besuch wurde Gauck von Griechenlands Präsident Karolos Papoulias begleitet. Der heute 84-Jährige hatte in seiner Jugend als Partisan gegen die deutschen Besatzer in Griechenland gekämpft. "Und doch haben Sie den Deutschen die Hand gereicht", sagte Gauck. Dafür sei er "zutiefst dankbar". Gauck ging in seiner Ansprache nicht auf die auch gestern von den Griechen wieder gestellte Forderung nach Reparationen ein.

Lyngiades ist eines von mehreren griechischen Dörfern, die während der deutschen Besatzung von Wehrmachtssoldaten in Racheaktionen zerstört wurden. Im Jahr 2000 hatte der damalige Bundespräsident Johannes Rau die Ortschaft Kalavryta besucht, die ein ähnliches Schicksal hat wie Lyngiades. Auch Rau bekannte sich damals zur Schuld der Deutschen, ohne allerdings wie nun Gauck eine Bitte um "Verzeihung" auszusprechen.

Gauck wollte nach dem Besuch in Lyngiades ins nahegelegene Ioannina reisen, wo ein Treffen mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde geplant war. Die Stadt im Epirus-Gebirge hat eine jüdische Tradition, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Während der deutschen Besatzung wurden die meisten Juden in Vernichtungslager deportiert und umgebracht.

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