Gasversorgung und Emissionshandel:Deutsche verbrauchen zu viel Energie

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Klaus Müller leitet die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. Er warnt vor Energieproblemen spätestens im Winter 2023/24. (Foto: Friedrich Bungert)

Der Chef der Bundesnetzagentur ruft dazu auf, sparsamer zu heizen. Kanzler Scholz eröffnet in Wilhelmshaven das erste Flüssiggasterminal, die EU verschärft ihre Klimagesetze.

Von Michael Bauchmüller und Daniel Brössler, Berlin

Die Deutschen müssen nach Einschätzung der Bundesnetzagentur mehr Energie sparen. Die Bürgerinnen und Bürger seien "im Moment" nicht so sparsam wie sie glaubten, sagte Behördenchef Klaus Müller der Süddeutschen Zeitung. "Zuletzt lagen wir nur noch um fünf Prozent unter dem Vorjahresverbrauch statt um 20 Prozent. Wir müssen nach zwei oder drei Wochen wie jetzt noch nicht Alarm rufen. Es darf aber nicht den ganzen Januar und Februar so weitergehen", warnte er. Größere Herausforderungen seien aber für den Winter des kommenden Jahres zu erwarten. "Dass der zweite Winter härter wird als der erste, befürchten wir auch", sagte Müller. Die Speicher müssten im Sommer ohne russisches Gas gefüllt werden. Die Menschen würden "die Kosten der Energiekrise hart spüren".

Sorge bereitet Müller auch die Sicherheit der Erdgas-Infrastruktur. "Wir tun gut daran, kritische Infrastrukturen besser zu überwachen als früher", sagte er. So sei es "absolut richtig", rund um Terminals für Flüssigerdgas einen sehr großen Sicherheitsaufwand zu betreiben. Sabotageakte oder eine extreme Kälte in Deutschland oder benachbarten Ländern seien die größten Gefahren für die Gasversorgung, sagte Müller. Dennoch müsse in diesem Winter "schon einiges schiefgehen, damit wir wirkliche Probleme bekommen".

"Das ist jetzt das neue Deutschland-Tempo", sagt Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nutzte die Eröffnung des ersten deutschen Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven, um Zuversicht zu verbreiten. "Deutschland hat seine Energiesicherheit gewährleistet, weil alle gezeigt haben, wozu wir tatsächlich in der Lage sind", sagte er am Samstag bei der Inbetriebnahme der Anlage, zu der auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) angereist waren. Das Terminal war in nur 194 Tagen fertiggestellt worden. "Das ist jetzt das neue Deutschland-Tempo, mit dem wir Infrastruktur voranbringen", sagte Scholz.

In Brüssel gelang am Wochenende ein Durchbruch in Verhandlungen zwischen den EU-Staaten und dem Europäischen Parlament mit längerfristigen Folgen für die Energiepreise. Sie verständigten sich auf eine Verschärfung der Regeln für den Emissionshandel zur Bekämpfung der Erderwärmung. Die Zahl der Verschmutzungsrechte im Umlauf soll nun schneller verringert werden als bislang vorgesehen. Dadurch steigt der CO₂-Preis, und es wird teurer, dem Klima zu schaden. "Es ist das größte Klimagesetz, das es je in Europa gegeben hat", sagte der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU), der die Verhandlungen für das Parlament führte.

Das System soll von 2027 an auf das Heizen von Gebäuden und den Straßenverkehr ausgeweitet werden. Lieferanten von Gas oder Benzin etwa müssen dann Verschmutzungszertifikate kaufen, wodurch sich voraussichtlich der Benzin- und Gaspreis erhöht. Das soll einen Anreiz schaffen, etwa mit Wärmepumpen CO₂-arm zu heizen oder mit elektrischen Autos zu fahren. Wirtschaftsminister Habeck lobte die Einigung als "Durchbruch für den Klimaschutz, der gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Industrie und die soziale Abfederung notwendiger Klimamaßnahmen sichert".

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