Baden-Württemberg:Wenn es Stornierungen hagelt

Baden-Württemberg: Lieber schließen? Die Stimmung unter den Gastronomen ist schlecht, hat eine Umfrage gezeigt.

Lieber schließen? Die Stimmung unter den Gastronomen ist schlecht, hat eine Umfrage gezeigt.

(Foto: Marijan Murat/dpa)

In Baden-Württemberg haben Gastronomen schon Erfahrungen mit harten Zugangsbeschränkungen gemacht.

Von Claudia Henzler

Bei Wirtsleuten in Baden-Württemberg dürfte die Nervosität vor dem Bund-Länder-Treffen in dieser Woche besonders groß gewesen sein. Sie haben nämlich schon die Erfahrung gemacht, dass es bei 2G plus aufs Kleingedruckte ankommt, auf die Frage: Wer ist von der Testpflicht ausgenommen? Wenn das nicht klar ist, kann es Stornierungen hageln. So geschehen am zweiten Adventswochenende, als die Landesregierung von Baden-Württemberg sich besonders frühzeitig mit einem harten Vorgehen gegen Omikron positionieren wollte.

Bund und Länder hatten sich damals auf Regeln geeinigt, die Baden-Württemberg nicht streng genug waren. Die grün-schwarze Landesregierung von Winfried Kretschmann (Grüne) veröffentlichte deshalb am Abend des 3. Dezember eine neue Corona-Verordnung, die 2G plus auch in der Gastronomie einführte: eine Testpflicht für alle Besucher, von der nur Menschen mit einer Auffrischungsimpfung ausgenommen waren. Von denen gab es in der ersten Dezemberhälfte noch deutlich weniger als heute. Der Aufschrei war so gewaltig, dass Kretschmann die Vorgaben noch im Laufe des Wochenendes aufweichen ließ: Nun durften auch Menschen, deren Zweitimpfung maximal ein halbes Jahr zurücklag, ohne Test ins Gasthaus gehen. Die Folge war, dass die Mehrheit der Bevölkerung nun von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen konnte. Doch zunächst herrschte vor allem Verwirrung, und der Ärger bei den Wirten blieb. Wie der Gastronomieverband Dehoga berichtete, sagten viele Gäste ihren Besuch ab, weil sie nicht wussten, was nun eigentlich galt. "Das Vorweihnachtsgeschäft war spätestens nach Verkündung der 2-G-plus-Regelung am zweiten Adventswochenende kaputt", erinnert sich Daniel Ohl, Pressesprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Baden-Württemberg.

Mittlerweile ist die Zahl der Geboosterten in dem Bundesland auf mehr als 4,6 Millionen gestiegen. Die Lage hat sich beruhigt, obwohl Baden-Württemberg die sehr weiche Auslegung von 2G plus kurz nach Weihnachten dann doch wieder nachgeschärft hat: Nun darf die letzte Impfung höchstens drei Monate zurückliegen.

Wer abends durch Stuttgart spaziert, kann dabei durchaus gut besuchte Restaurants sehen. Doch die Stimmung unter den Gastronomen ist offenbar schlecht. Als die Dehoga Anfang der Woche bundesweit eine aktuelle Umfrage unter ihren Mitgliedern startete, beteiligten sich daran 2400 Betriebe aus Baden-Württemberg, insgesamt waren es 9300. "Schon allein die starke Resonanz zeigt einen gewissen Problemdruck", sagt Ohl. Im Südwesten war dann auch die Zahl der Betriebe überdurchschnittlich hoch, die in der Umfrage von Existenzsorgen berichteten: 61,9 Prozent gaben an, dass sie ihren Betrieb aktuell in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet sehen. Bundesweit sind es 55,7 Prozent.

Wie hoch der Besucherrückgang durch die 2-G-plus-Regelung ist, dazu hat die Dehoga keine Zahlen. "Aber jede Zugangsbeschränkung wirkt sich natürlich aus", sagt der Sprecher. Der Verband hoffe nun, dass auch nach der Bund-Länder-Runde zumindest Geboosterte weiterhin von der Testpflicht ausgenommen bleiben. "Eine harte 2-G-plus-Regelung wäre de facto ein Lockdown durch die Hintertür", sagt Ohl.

Weil es sich für viele Betriebe schon jetzt nicht lohne, unter den Bedingungen von Zugangsbeschränkungen zu öffnen, fordert die Dehoga, dass die staatlichen Hilfsprogramme in vollem Umfang für Betriebe des Gastgewerbes erhalten bleiben.

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