Süddeutsche Zeitung

Energiekrise:Wie die EU den Gaspreis deckeln will

Lesezeit: 2 min

Nach heftigem Drängen von Mitgliedstaaten präsentiert die Kommission Vorschläge. Die Behörde setzt auf Verhandlungen mit Lieferanten wie Norwegen. Russland gegenüber soll die EU dagegen härter auftreten.

Von Björn Finke, Brüssel

Die EU-Kommission hat dem Druck vieler Mitgliedstaaten nachgegeben und ein Diskussionspapier zu einem Gaspreisdeckel erstellt - rechtzeitig vor dem Treffen der EU-Energieminister an diesem Freitag in Brüssel. Die Behörde sieht solche Initiativen skeptisch, übrigens genauso wie die Bundesregierung. Denn niedrigere Preise zu setzen, könnte es erschweren, dringend benötigte Tankschiff-Lieferungen von Flüssigerdgas nach Europa zu lotsen. Zugleich könnte der Verbrauch steigen. Trotzdem schickte die Kommission am Mittwoch eine 16-seitige Analyse an die 27 Hauptstädte.

Erst am Dienstag hatten 15 EU-Regierungen in einem Brief an Energiekommissarin Kadri Simson gefordert, dass diese beim Ministertreffen am Freitag erste Vorschläge für so einen Deckel präsentiert. Das Diskussionspapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, führt tatsächlich einige Optionen auf, aber ob diese den Befürwortern weit genug gehen, ist fraglich. Die Kommission nennt als bevorzugten Weg, mit Gas-Lieferanten wie Norwegen, den USA oder Katar über Preissenkungen zu verhandeln und langfristige Energie-Partnerschaften zum beiderseitigen Vorteil zu gründen. Die Mitgliedstaaten könnten ihre Verhandlungsmacht auch bündeln und gemeinsam als Käufer auftreten.

Daneben regt die Kommission an, für Flüssigerdgas-Lieferungen einen anderen Preisindex zu entwickeln. Der bisher genutzte Index TTF spiegelt vor allem den Markt für Pipeline-Gas wider und bildet die Situation beim Flüssigerdgas nach Meinung der Behörde nicht richtig ab.

Einen echten Preisdeckel für Importe schlägt das Kommissions-Papier nur mit Blick auf Einfuhren aus Russland vor. Die Initiative würde Importe verbieten, deren Preis ein Limit überschreitet. Dies soll die Einnahmen Russlands schmälern und Europas Verbraucher entlasten. Die Kommission räumt ein, dass der Lieferant Gazprom auf diesen Schritt mit einem sofortigen Versorgungsstopp reagieren könnte. Doch dank voller Speicher käme die EU als Ganzes damit klar, zumindest wenn der Winter nicht zu kalt würde, heißt es in dem Dokument. Ohnehin steht Russland bloß noch für neun Prozent der Gasimporte. Bei einem Treffen der Energieminister Anfang des Monats gab es allerdings von einigen Regierungen, etwa der ungarischen, großen Widerstand gegen so einen Deckel für russische Importe.

Länder könnten den Preis für Gaskraftwerke deckeln

Daneben bringt die Kommission die Möglichkeit ins Spiel, den Gaspreis zu deckeln, den Kraftwerke zahlen müssen. Dann könnten Gaskraftwerke billiger Strom produzieren, und der Elektrizitätspreis würde sinken. Allerdings müssten die Regierungen den Differenzbetrag zahlen zwischen dem echten Gaspreis und dem niedrigeren festgesetzten Preis, zu dem Kraftwerke den Rohstoff kaufen. Dafür könnten die Regierungen die Einnahmen verwenden, die das Abschöpfen der Gewinne günstiger Kraftwerke bringt, heißt es in dem Papier. Schließlich präsentierte die Kommission vor zwei Wochen einen Gesetzentwurf, der Mitgliedstaaten zwingt, Atom-, Braunkohle- und Ökostromanbietern eine Preisobergrenze von 180 Euro pro Megawattstunde vorzugeben. Der Börsenpreis für Elektrizität ist deutlich höher - die Differenz soll an die Staaten fließen.

Die Energieminister könnten dieses EU-Gesetz beim Treffen am Freitag billigen. Beim Thema Gaspreisdeckel werden dagegen sicher noch lange Diskussionen nötig sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5665918
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.