Haushaltsvorlage 2023:Mehr als 121 Milliarden Euro für Gas- und Stromkunden

Finanzminister Christian Lindner  rechnet für nächstes Jahr mit Zinsausgaben von rund 38 Milliarden Euro - fast zehnmal so viel noch 2021.

Finanzminister Christian Lindner rechnet für 2023 mit Zinsausgaben von rund 38 Milliarden Euro - fast zehnmal so viel wie 2021.

(Foto: Tobias Schwarz/dpa)

Die Bundesregierung legt erstmals konkrete Zahlen auf den Tisch, wie viel sie für Energiepreishilfen ausgeben muss. Und es könnte noch teurer werden.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Dass es teuer werden würde, war klar. Nun jedoch liegt erstmals eine konkrete Zahl auf dem Tisch, wieviel Geld die Bundesregierung für die Unterstützung der geplagten Gas- und Stromkunden in Deutschland allein im kommenden Jahr in die Hand zu nehmen gedenkt: Laut Finanzministerium sind es alles in allem mehr als 121 Milliarden Euro.

Das geht aus einer aktualisierten Vorlage für die Aufstellung des Etats 2023 hervor, mit der sich der Haushaltsausschuss des Bundestags in dieser Woche abschließend befassen will und die der SZ vorliegt. In dem 511 Seiten umfassenden Konvolut werden darüber hinaus weitere milliardenschwere Mehrausgaben der einzelnen Ministerien aufgelistet, die sich seit der Verabschiedung des Budgetentwurfs Anfang Juli ergeben haben. Dazu zählen unter anderem die Kosten für die Einführung einer Aktienrente und des neuen Bürgergelds sowie konjunkturbedingte Zusatzlasten.

Wie die Vorlage für die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses an diesem Donnerstag zeigt, werden allein die geplante Gas- und die Strompreisbremse 2023 mit 40,3 Milliarden beziehungsweise 43 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Für die Beteiligung des Staates am angeschlagenen Gasimporteur Uniper sind 15,2 Milliarden Euro vorgesehen, für die womöglich notwendig werdende Stabilisierung anderer Energieversorger 8,5 Milliarden Euro.

Hinzu kommen sechs Milliarden Euro für die Unterstützung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie jeweils dreistellige Millionenbeträge für Mieterinnen und Mieter, Kultureinrichtungen, Universitäten, kleine und mittlere Unternehmen und andere "Härtefälle". Die tatsächlichen Ausgaben des Staates werden allerdings stark davon abhängen, wie sich der Gas- und der Strompreis im kommenden Jahr entwickeln.

Allein die Zinsausgaben werden sich gegenüber 2021 verzehnfachen

Insgesamt will die Bundesregierung bis Ende April 2024 bis zu 200 Milliarden Euro mobilisieren, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der immens hohen Energiepreise abzufedern. Da sie sich das Geld auf den Kapitalmärkten leihen muss, werden allein 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an zusätzlichen Zinskosten anfallen. Alles in allem rechnet Finanzminister Christian Lindner (FDP) für nächstes Jahr mit Zinsausgaben von rund 38 Milliarden Euro - fast zehnmal so viel wie noch 2021. Die Neuverschuldung, deren exakte Zahl in der Vorlage noch fehlt, dürfte mit mehr als 30 Milliarden Euro zwar deutlich niedriger ausfallen als dieses Jahr, aber fast doppelt so hoch wie im Juli veranschlagt.

Dennoch dürfte die Bundesregierung erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder einhalten - allerdings nur, weil sämtliche Ausgaben zur Abfederung der Energiepreiskrise in ein sogenanntes Sondervermögen ausgelagert werden.

Die Einführung der sogenannten Aktienrente wird laut Bereinigungsvorlage im ersten Jahr zehn Milliarden Euro kosten. Da die Reform ebenfalls über Kredite finanziert wird, hat sie keine Auswirkungen auf den Ausgabenspielraum im Haushalt. Die Idee ist, dass der Fonds mehr Aktienerlöse einbringt als er an Zinsausgaben verursacht und ab Mitte des kommenden Jahrzehnts zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen kann. Dazu will Lindner Jahr für Jahr weitere Mittel in den Topf einzahlen. Hierüber besteht in der Koalition aber noch keine Einigkeit.

Im Bereich des Arbeitsministeriums sieht die Vorlage 2,9 Milliarden Euro zusätzlich für das neue Bürgergeld vor, das zum Jahresbeginn das Arbeitslosengeld II - besser bekannt als Hartz IV - ablösen soll. Insgesamt würde den Bund die Unterstützung Langzeitarbeitsloser damit gut 24 Milliarden Euro kosten. Die Verhandlungen mit der Union, die die Pläne im Bundesrat blockieren könnte, laufen allerdings noch. Die Mehrausgaben gehen auch darauf zurück, dass ukrainische Geflüchtete Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben.

Die Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Unterbringung von Hartz-IV-Beziehern wird um 400 Millionen Euro auf 10,4 Milliarden Euro aufgestockt. Das Bauministerium plant mit Mehrausgaben in Höhe von 2,2 Milliarden Euro, die für die Ausweitung des Wohngelds und die Umsetzung des zweiten Heizkostenzuschusses anfallen.

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