Eine kilometerlange Grube, zerfurcht, der Boden und die Hänge braun oder schwarz. Unten stehen riesige Bagger, die Erde und Braunkohle wegfressen. Das Material wird auf 95 Kilometer langen Bändern abtransportiert: Der Tagebau Garzweiler bei Köln soll noch bis 2030 Kohle für die benachbarten RWE-Kraftwerke liefern. Vor zwei Jahren gab es dort heftige Proteste; Klimaschützer wollten verhindern, dass die geräumte Siedlung Lützerath weggebaggert wird. Auch Greta Thunberg war vor Ort. Im Jahr 2037 soll Garzweiler wieder Besucher aus nah und fern anziehen. Dann aber nicht für Demonstrationen, sondern um Parks zu bewundern. Denn rund um Garzweiler soll in dem Jahr die Internationale Gartenausstellung (IGA) stattfinden: Die Wüste lebt.
Der Zweckverband Landfolge Garzweiler, eine Vereinigung angrenzender Kommunen, hat kürzlich seine Bewerbung bei der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) eingereicht. Die Bonner Organisation könnte bereits in dieser Woche den Zuschlag erteilen: Praktischerweise gibt es keinen anderen Bewerber für die IGA 2037. Die DBG entscheidet darüber, wer Bundesgartenschauen ausrichten darf. Und alle zehn Jahre findet statt einer Buga eine IGA statt. Diese Gartenausstellungen sollen – wie der Name nahelegt – internationaler sein; Landschaftsarchitekten aus der ganzen Welt sollen zeigen, was sie können. 2017 fand eine IGA in Berlin statt, 2027 ist das Ruhrgebiet dran.
DBG-Geschäftsführer Achim Schloemer lobt die Bewerbung der Garzweiler-Anrainergemeinden: „Nirgendwo in Europa ist Landschaftswandel in so großem Maßstab zu erleben wie im Rheinland mit seinen Tagebaugebieten.“ Tatsächlich wird die Region nach Ende der Kohleförderung ohnehin massiv umgestaltet, auch ohne IGA. Der Tagebau ist – inklusive bereits begrünter Flächen – gut 80 Quadratkilometer groß, was einem Viertel der Fläche Münchens entspricht. Wenn die Bagger und Förderbänder verschwunden sind, sollen dort Äcker, Wälder oder Wiesen entstehen. Die Kommune Jüchen will einen klimaneutralen Stadtteil für bis zu 3000 Menschen hochziehen.
Außerdem soll das Loch von 2036 an über vier Jahrzehnte mit Rheinwasser geflutet werden. Dieser bis zu 170 Meter tiefe Garzweiler See soll eines der größten Gewässer Nordrhein-Westfalens werden.
Fast zwei Millionen Gäste werden erwartet
Für die IGA wollen die Kommunen zudem Parks und Gärten anlegen und Ausstellungshallen bauen. Radwege sollen alles verbinden, die zahlenden Besucher können kostenlos elektrische Leihfahrräder nutzen. Spektakulärstes Projekt soll eine 48 Millionen Euro teure Seilbahn werden, die von zwei Seiten runter in die Wüstenlandschaft des Tagebaus fährt. Dort soll ein Restaurant locken, daneben können Gäste ans Ufer des wachsenden Sees schlendern. Die IGA soll 2037 von April bis Oktober geöffnet sein. Die Organisatoren rechnen mit mindestens 1,8 Millionen zahlenden Besuchern. Immerhin können 18 Millionen Menschen aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden den Tagebau mit nur zwei Stunden Fahrzeit erreichen. Garzweiler, dieses Symbol für Klimaproteste und Landschaftsverschandelung, wäre auf einmal ein Touristenmagnet.