Süddeutsche Zeitung

Gambia:Nachbarländer setzen Militärintervention in Gambia vorerst aus

  • Der gewählte Präsident Gambias, Adama Barrow, ist ungeachtet des politischen Machtkampfs in seiner Heimat im Ausland vereidigt worden.
  • Die Zeremonie fand in Senegal statt.
  • Sein Vorgänger Yahya Jammeh weigert sich seit Wochen abzutreten.
  • Nachdem zwischenzeitlich senegalesische Soldaten in Gambia einmarschiert waren, will die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft nun einen letzten Vermittlungsversuch anstrengen.

Nachdem der Machtkampf im westafrikanischen Kleinstaat Gambia zu einer internationalen Militärintervention geführt hatte, soll es nun doch einen letzten Vermittlungsversuch geben: Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) will Gambias abgewählten Präsidenten Yahya Jammeh zur Machtübergabe an seinen Nachfolger Adama Barrow bewegen. Senegalesische Truppen hatten am Donnerstag die Grenze zu Gambia überschritten, Gambias Armeechef Ousman Badjie schloss sich Barrows Anhängern an, die auf den Straßen der Hauptstadt Banjul die Invasion feierten.

Parallel zu dem Einmarsch Senegals hatte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft das Eingreifen erlaubt. UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief nach Angaben seines Sprechers am Abend den Wahlsieger Barrow an, um ihm die Unterstützung der UNO zuzusichern. Der UN-Sicherheitsrat unterstütze die Bemühungen westafrikanischer Staaten, den vom gambischen Volk bei den Wahlen am 1. Dezember ausgedrückten Willen durchzusetzen, hieß es in der einstimmig verabschiedeten Resolution.

Unterstützung aus den Nachbarländern

An der Grenze Gambias, dessen Staatsgebiet bis auf die Küste komplett von Senegal umschlossen wird, hielten sich auch Soldaten aus Nigeria und Ghana für einen Einmarsch bereit. Die nigerianische Luftwaffe ließ Kampfflugzeuge über Gambia kreisen. Der frisch vereidigte Präsident Barrow appellierte von Senegal aus an die gambischen Soldaten, in ihren Kasernen zu bleiben. Diejenigen, die sich nicht daran hielten, würden als Aufständische betrachtet.

Führende gambische Militärs hatten zuvor erklärt, dass sie sich nicht in die politische Auseinandersetzung einmischen wollten. Gambias Generalstabschef Ousman Badjie erklärte, er habe seinen Truppen keinen Befehl zur Gegenwehr gegeben, sollten afrikanische Nachbarländer eingreifen. Am Donnerstag schloss sich Badjie einer Kundgebung von Barrows Anhängern an, die den Einmarsch der Senegalesen feierten. Gambias Armee gilt als klein und wenig schlagkräftig.

Nach Senegal sind laut UN bereits rund 25 000 Menschen aus Gambia geflohen, da sie Unruhen im Land fürchten.

Jammehs Amtszeit endete am Mittwoch um Mitternacht, er weigert sich aber seit Wochen, wegen angeblicher Wahlfälschungen, seinen Posten zu räumen. Sein gewählter Nachfolger Barrow hält sich aus Sicherheitsgründen derzeit im Nachbarland Senegal auf, am Donnerstag wurde er dort in der Botschaft seines Landes vereidigt. Jammeh hatte seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl Anfang Dezember zunächst eingestanden. Eine Woche später verlangte er aber plötzlich eine Wiederholung der Wahl und reichte beim Obersten Gericht eine Klage gegen das Wahlergebnis ein. Der westafrikanische Staatenbund Ecowas versuchte zunächst, Jammeh mit diplomatischen Mitteln zum Rücktritt zu bewegen. Mehrere Vermittlungsversuche scheiterten jedoch.

Rückhalt für Jammeh schwindet

Jammeh regiert Gambia seit 22 Jahren autokratisch. Der 51-Jährige hatte sich 1994 an die Macht geputscht und wurde seitdem stets wiedergewählt. Sein Rückhalt schwindet jedoch. Immer mehr Minister und Diplomaten treten zurück. Nichtregierungsorganisationen werfen Jammehs Regierung schwere Menschenrechtsverletzungen vor, darunter willkürliche Inhaftierungen und die Einschüchterung von Journalisten.

Der neu vereidigte Barrow hatte vor der Wahl versprochen, dass seine Regierung sich für Reformen und für eine Stärkung der Demokratie einsetzen werde. In seiner Antrittsrede, die im senegalesischen Fernsehen übertragen wurde, forderte er die Gambier auf zusammenzustehen, um dem Land zum Neuanfang zu verhelfen.

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SZ vom 20.01.2017 / SZ/lkr/jobr
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