Süddeutsche Zeitung

Strafverfolgung:Gräueltaten in Gambia: Razzia gegen Tatverdächtige in Deutschland

Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen mehrere Asylbewerber aus Gambia wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie sollen einer Einheit angehört haben, die für Folter, Misshandlung und Morde verantwortlich sein soll.

Von Florian Flade

Es geht um schlimmste Verbrechen an Oppositionellen, um Folter, Misshandlung und Mord. Die Taten sollen im westafrikanischen Gambia stattgefunden haben; unter der Herrschaft des damaligen Präsidenten Yahya Jammeh, der für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird.

In Deutschland ermittelt der Generalbundesanwalt nach Informationen von SZ, WDR und NDR wegen der Verbrechen in den gambischen Gefängnissen gegen sieben Tatverdächtige aus Gambia. Am Mittwoch durchsuchten Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) und der baden-württembergischen Polizei die Wohnungen der Männer, unter anderem im Rhein-Neckar-Kreis, in Reutlingen und Sigmaringen. Der Vorwurf lautet: Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ein Sprecher des Generalbundesanwalts wollte sich zu den genauen Hintergründen der Ermittlungen nicht äußern.

Bei den sieben Verdächtigen handelt es sich um Asylbewerber aus Gambia. Sie sollen in den Asylanhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erklärt haben, dass sie einer Militäreinheit angehörten, die auf Seiten des damaligen Jammeh-Regimes für die Misshandlungen, Folter und Ermordung von Oppositionellen verantwortlich gewesen sein soll. Die Ermittler des BKA wollen mit den Durchsuchungen nun Klarheit darüber schaffen, ob die Behauptungen der Männer - "Selbstbezichtigungen" genannt - zutreffend sind.

Zwei Jahre nach einem Militärputsch wurde Yahya Jammeh 1996 der Staatspräsident des westafrikanischen Staates Gambia und blieb bis zu seiner Abwahl im Januar 2017 im Amt. Er wird für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, die Verfolgung von Dissidenten, Homosexuellen und Journalisten verantwortlich gemacht.

Generalbundesanwalt verfolgt auch Straftaten im Ausland

Im Dezember 2014 scheiterte ein Putsch, den der ehemalige Leiter der Präsidentengarde gemeinsam mit anderen Exil-Gambiern in den USA organisiert haben soll. Anfang 2015 wurden die Hintermänner des Umsturzversuches von der US-Bundespolizei FBI festgenommen und später zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt wurden.

In Gambia soll das Regime von Jammeh nach dem gescheiterten Putsch mit brutaler Gewalt gegen angebliche Beteiligten und Hintermänner vorgegangen sein. Mehrere Oppositionelle wurden in den Wochen und Monaten danach tot aufgefunden. Noch ist unklar, ob die nun in Deutschland ins Visier der Ermittler geratenen Gambier an diesen Verbrechen beteiligt waren.

In Deutschland verfolgt der Generalbundesanwalt auch die Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch, die im Ausland begangen wurden. Wie etwa Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In den vergangenen Jahren konnten die Ermittler dabei mehrere Erfolge erzielen. Es gelang beispielsweise erstmals zwei ehemalige Angehörige des syrischen Militärgeheimdienstes anzuklagen. Die beiden Männer müssen sich seit April vor dem Oberlandesgericht Koblenz für Folter und Misshandlung in den Gefängnissen des Assad-Regimes verantworten.

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