Süddeutsche Zeitung

Gambia:Ein weiterer Langzeitdiktator droht zu stürzen

  • Der bisherige Präsident Yahya Jammeh gelangte durch einen Staatsstreich an die Macht. Er regiert seit 22 Jahren in Gambia.
  • Jetzt zeichnet sich ein Machtwechsel ab. Jammeh hat offenbar bei der Präsidentschaftswahl verloren.
  • Sollte der Diktator das Ergebnis anerkennen, würde Adama Barrow neuer Präsident.

Eigentlich waren die Erwartungen an die Präsidentenwahlen nicht besonders hoch, hatten sie in den vergangenen Jahren ja nur dazu gedient, Diktator Yahya Jammeh im Amt zu bestätigen. Jammeh werden Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Er gilt als paranoider Gewaltherrscher. Am Wahltag hatte er noch groß getönt, es sei ein Erdrutschsieg zu erwarten.

Jetzt steht ein politischer Wandel bevor. Nach 22 Jahren an der Macht hat Jammeh die Wahl nicht nur verloren, er ist offenbar sogar bereit, seine Niederlage zu akzeptieren. Dem Landeswahlleiter zufolge will der Diktator noch am Freitag eine entsprechende Erklärung abgeben.

Jammeh kam 1994 durch einen Staatsstreich an die Macht und ließ sich 1996 und 2001 durch Wahlen bestätigen. Die Beschränkung der Amtszeiten ließ er 2002 aus der Verfassung streichen und gewann auch die folgenden Wahlen, die nach Ansicht von Kritikern aber weder frei noch fair waren.

Tausende Gambier sind geflohen

Sollte Jammeh wirklich widerstandlos abtreten, hieße der neue Präsident Adama Barrow, Medienberichten zufolge erreichte er 54 Prozent der Stimmen. Gleich mehrere Oppositionsparteien hatten ihn als Gegenkandidaten aufgestellt. In den vergangenen Monaten war der Unternehmer im Land unterwegs, um für sich zu werben. Große Chancen wurden ihm nicht eingeräumt, vor allem weil die bestehende Regierung alles tat, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Oppositionsanhänger und regierungskritische Journalisten wurden festgenommen. Nach der Wahl ließ die Regierung den Zugang zum Internet komplett sperren, auch das Schreiben von SMS war nicht mehr möglich. Zugleich galt ein Demonstrationsverbot.

Als vermutlich neuer Präsident steht Barrow vor einer Mammutaufgabe. Gambia gilt als eines der ärmsten Länder der Erde und lebt vor allem vom Erdnussexport sowie vom Tourismus. Barrow muss das Vertrauen der Menschen in die Politik zurückgewinnen. Bisher kontrolliert ein gewaltiger Überwachungsapparat die Bevölkerung, Regierungskritiker landen regelmäßig im Gefängnis, nicht selten sterben sie dort auch. Jammeh lässt Homosexuelle verfolgen und einsperren, genau wie Menschen, die sich angeblich der "Hexerei" verdächtig machen. Aus Angst sind Tausende Gambier über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Unter den Herkunftsländern von Flüchtlingen belegt das Land den dritten Platz.

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SZ.de/afp/dayk
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