Gaddafi-Clan flieht nach Algerien:Unterschlupf beim heimlichen Helfer

Offiziell ist das Land "strikt neutral". Starke Indizien weisen aber darauf hin, dass Algerien den libyschen Despoten im Krieg tatkräftig unterstützt. Dass die Gaddafi-Gattin mit drei Kindern einreisen darf, ist die nächste Stufe der Hilfe. Zwar gibt es Kontakte zu den libyschen Rebellen, doch die sind eher einseitig.

Rudolph Chimelli

Das algerische Außenministerium machte keinen Hehl aus dem Grenzübertritt. "Die Frau von Muammer al-Gaddafi, Safia, ihre Tochter Aischa, ihre Söhne Hannibal und Mohammed, begleitet von ihren Kindern, sind am Montag um 8:45 Uhr über die libysch-algerische Grenze eingereist", teilte die Behörde offiziell mit.

File photo of Safia Gaddafi, wife of Libyan leader Muammar Gaddafi, with one of her children in her Bedouin tent at the Bab-Assaria barracks

Safia al-Gaddafi - hier mit einem ihrer Kinder auf einem Archivbild aus dem Jahr 1986 - ist nach Algerien geflüchtet. Die dortige Regierung scheint den libyschen Despoten zu unterstützen.

(Foto: Reuters)

Die Information über die Einreise der Familie sei an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, an den Vorsitzenden des Weltsicherheitsrates und an den Chef des libyschen Übergangsverwaltung, Mahmud Dschibril weitergegeben worden, heißt es in dem Kommuniqué aus Algier.

Bereits am Sonntag hatte die ägyptische Nachrichtenagentur Mena unter Berufung auf Quellen bei den libyschen Rebellen gemeldet, eine Kolonne von sechs gepanzerten Mercedes-Limousinen sei über den Grenzort Ghadames aus Libyen nach Algerien eingereist. An Bord eines der Fahrzeuge habe sich Muammar al-Gaddafi befunden. Dies war von algerischer Seite "kategorisch" dementiert worden.

Begegnung auf Wunsch der Rebellen

Algerien, das eine lange gemeinsame Grenze mit Libyen hat, erkennt den libyschen Übergangsrat bisher nicht an. Es hatte auch nie Gaddafis Rücktritt gefordert. Die Guthaben Gaddafis und seiner Angehörigen wurden jedoch eingefroren.

Bereits am Montagvormittag gaben die Algerier bekannt, ihr Außenminister Mourad Medelci habe sich bei der Arabischen Liga in Kairo mit Mahmud Dschibril auf dessen Verlangen getroffen. Der Wunsch nach dieser Begegnung sei von Dschibril ausgegangen. Kanäle für Kommunikation existierten somit, bestätigte das Außenministerium im Algier.

Während des Bürgerkriegs hat Algerien immer seine "strikte Neutralität" zwischen den Parteien betont. Es gab indessen immer wieder Meldungen, nach denen die Algerier heimlich Gaddafi unterstützten.

Verräterische Wüstenkämpfer

Am Anfang der Kämpfe war von Missionen algerischer Kampfflugzeuge ohne Hoheitsabzeichen die Rede, die angeblich Stellungen der Rebellen bombardiert hätten. Nachdem der Sicherheitsrat eine Flugverbotszone verhängt hatte, die von der Nato überwacht wurde, war in den Berichten von Waffenlieferungen aus Algerien die Rede.

Ein Indiz für die Parteinahme Algiers auf Seiten Gaddafis ergab sich, als die Rebellen am Wochenende in Tripolis dessen Hauptquartier im Kasernenkomplex von Bab al-Asisija eroberten. Dabei nahmen sie mehr als 400 Kämpfer der Polisario-Befreiungsfront für die Westsahara gefangen.

Die Polisario hat ihre Lager auf algerischem Territorium, ist aber in ihrem eigentlichen Ziel, der von Marokko annektierten Westsahara, militärisch kaum mehr tätig. Offenbar sind diese Polisario-Kämpfer als Hilfstruppen von Algerien dem Gaddafi-Regime zur Verfügung gestellt worden.

Ein Militärsprecher der libyschen Rebellen hatte noch vor dem Bekanntwerden des Grenzübertritts der Familie Gaddafis auf einer Pressekonferenz gefordert, Algerien müsse der Realität Rechnung tragen und die Aufständischen als Freiheitskämpfer anerkennen. "Wir unterscheiden zwischen dem großen algerischen Volk und der Regierung", sagte der Sprecher.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: