Gabun:Wut über den Bongo-Clan

Die knappe Wiederwahl von Gabuns Präsidenten Ali Bongo Ondimba löst Gewalt und Chaos aus. Kritik an der Abstimmung üben auch Europäische Union und USA, nur die einstige Kolonialmacht Frankreich hält sich mit Bewertungen zurück.

Von Isabel Pfaff

In Gabun ist Politik Familiensache. Seit fast 50 Jahren regiert in dem kleinen Land in Afrikas "Achselhöhle" derselbe Clan - und es sieht aus, als würde das auch die nächsten sieben Jahre so bleiben. Am Mittwochnachmittag verkündete die Wahlkommission das Endergebnis der Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Samstag: Demnach hat Amtsinhaber Ali Bongo Ondimba, Nachfolger seines 2009 verstorbenen Vaters Omar Bongo Ondimba, die Abstimmung mit 49,8 Prozent der Stimmen gewonnen.

Doch die Ergebnisse kamen nicht nur einen Tag später als angekündigt, sie bescheinigen dem Präsidenten auch einen äußerst knappen Sieg: Bongos ärgster Herausforderer Jean Ping hat laut Wahlkommission nur 1,6 Prozent Stimmen weniger bekommen. Es dauerte deshalb nur einige Stunden, bis sich die Straßen der Hauptstadt Libreville mit zornigen Oppositionsanhängern füllten, die der Regierung Betrug vorwarfen und sich Kämpfe mit den Sicherheitskräften lieferten. Auch Wahlbeobachter der EU und der USA hatten Kritik am Ablauf der Abstimmung geübt und fehlende Transparenz moniert.

Noch am Mittwochabend steckten Demonstranten das Parlamentsgebäude in Libreville in Brand. In der Nacht griff die Armee das Hauptquartier der Partei des unterlegenen Ping an, dabei wurden nach Aussagen des Oppositionsführers zwei Menschen getötet und mehrere verletzt. Am Donnerstag dauerte die Gewalt in Libreville an, Fotos in den sozialen Netzwerken zeigen brennende Barrikaden, Wasserwerfer und Streitkräfte, die Tränengas gegen die Demonstranten einsetzen.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Bongo-Clan gegen Widerstände durchsetzen muss. Der Vater Omar Bongo regierte das zentralafrikanische Land viele Jahre diktatorisch. Erst als sich die Proteste gegen seine despotische Herrschaft in den Neunzigern nicht mehr eindämmen ließen, führte er ein Mehrparteiensystem ein. So gut wie nie erhielten Wahlen in Gabun das Prädikat frei und fair, regelmäßig überschatteten Proteste die Abstimmungen. Auch die Machtübernahme des Sohnes 2009 folgte einer umstrittenen Präsidentschaftswahl. Doch Ali Bongo wendet dieselben Techniken wie sein Vater an, um die Familie an der Macht zu halten: Die Öl- und Gasvorräte des Landes finanzieren einen eindrücklichen Sicherheitsapparat, mit dem Widersacher unter Kontrolle gehalten werden können. Und sie ermöglichen es, viele politische Gegner zu kaufen.

Das Land hat enge Bindungen zu Frankreich - Kritik ist aus Paris kaum zu hören

Ein weiterer Trumpf des Präsidenten ist die Bindung an Frankreich. Paris unterhält traditionell enge Beziehungen zu den Regierungen seiner ehemaligen Kolonien, ob diese nun besonders demokratisch sind oder nicht. "Françafrique" nennt man diese Verflechtungen, von denen in der Regel beide Seiten profitieren: Die afrikanischen Herrscher sitzen mit der Unterstützung aus Paris fester im Sattel, und Frankreich sichert sich Einfluss und Rohstoffe. So auch in Gabun. Den Vater unterstützte Paris ganz offen; beim Sohn halten sich die um ihren Ruf besorgten Franzosen etwas zurück. Doch Kritik an den eindeutig unfairen Wahlbedingungen vor der jüngsten Abstimmung hörte man aus Paris kaum. Am Donnerstag rief Frankreich - wie auch die Europäische Union, die USA und das Auswärtige Amt - zu einem raschen Ende der Gewalt auf.

Der unterlegene Kandidat Ping, der sich bereits am Sonntag zum Wahlsieger erklärt hatte, sagte dem französischen Auslandssender RFI am Donnerstag, Ali Bongo müsse verstehen, dass er sich nicht ewig mit "Tricksen, Töten, Stehlen" an der Macht halten könne, er solle den Willen des Volkes respektieren. Ob allerdings der 73-jährige Ping der Richtige ist für die gabunische Bevölkerung, die vom Reichtum des Landes kaum etwas abbekommt, darf bezweifelt werden. Ping hat nämlich viele Jahre selbst zum Machtapparat der Bongos gehört: Von 1990 bis 2008 war er Mitglied des Kabinetts, zuletzt diente er als Außenminister.

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