Gabun:Aufstand gegen Familie Bongo

Soldaten versuchen, in dem afrikanischen Land den Sturz der Regierung herbeizuführen und hatten das Gebäude des staatlichen Fernsehsenders besetzt - doch der Putsch scheitert schon nach wenigen Stunden.

Von Bernd Dörries

Gabun: Soldaten – es waren wohl nur wenige – besetzten kurzzeitig einen Radiosender und verlasen eine Erklärung.

Soldaten – es waren wohl nur wenige – besetzten kurzzeitig einen Radiosender und verlasen eine Erklärung.

(Foto: AFP)

Es war wohl einer der kürzesten Putschversuche der Geschichte. Am frühen Montagmorgen hatten ein paar bewaffnete Soldaten das Gebäude des staatlichen Rundfunksenders in Gabuns Hauptstadt Libreville besetzt und eine Botschaft an das Volk verlesen. Ihr Sprecher Ondo Obiang Kelly, der sich als Leutnant und stellvertretender Befehlshaber der Republikanischen Garde vorstellte, sprach davon, die Demokratie in Gabun wiederherstellen zu wollen. Bevölkerung wie Soldaten rief er dazu auf, sich der Bewegung anzuschließen, die sich den etwas umständlichen Namen "Patriotische Bewegung junger Kräfte in Armee und Sicherheitsorganen von Gabun" (MPJFDS) gegeben hatte.

In der Hauptstadt sollen sich einige Dutzend Unterstützer eingefunden haben, Panzer fuhren auf, von denen erst unklar war, ob sie auf der Seite der Putschisten standen oder nicht. Wenige Stunden später erklärte ein Regierungssprecher, der Putschversuch sei vereitelt worden, zwei der jungen Verschwörer wurden erschossen, fünf festgenommen.

Bereits kurz nach dem Auftauchen der Putschisten im Staatsfernsehen hatte das französische Außenministerium den Umsturzversuch in der ehemaligen Kolonie scharf verurteilt. "Die Stabilität Gabuns kann nur gewährleistet werden, wenn die Bestimmungen seiner Verfassung strikt eingehalten werden", hieß es am Montag aus dem französischen Außenministerium. Mit der Einhaltung der Verfassung hatte es Frankreich allerdings selbst nicht immer so genau genommen, seit Gabun 1960 zumindest formal unabhängig von Paris wurde.

Seither gilt das Land als Musterbeispiel von "La Françafrique", wie die Kumpanei von Frankreich und seinen ehemaligen Kolonien bezeichnet wird. Paris schaut nicht so genau hin, wenn sich seine ehemaligen Schützlinge in korrupte Regime verwandeln, und deren Diktatoren revanchieren sich, indem sie die französische Sprache pflegen, die lokale Version des Franc als Währung behalten und französische Truppen beherbergen. Dazu gibt es dann auch Milliardenaufträge für die französische Wirtschaft. Im ölreichen Gabun profitiert vor allem der französische Ölkonzern Elf von der "Stabilität", die dort seit Jahrzehnten unter den wohlwollenden Augen der Regierung in Paris herrscht.

In diesem Jahr feiert der Familienclan der Bongo, dass er bereits 52 Jahre an der Spitze des Staates steht. Gegen die Familie richteten die Putschisten harte Worte: Sie seien nicht mehr davon überzeugt, dass Ali Bongo das Land weiter führen könne. Der 59-jährige Präsident erlitt im Oktober vergangenen Jahres vermutlich einen Schlaganfall, seit zwei Monaten ist er in Marokko in Behandlung. In seiner Neujahrsansprache gestand er gesundheitliche Probleme ein und machte einen geschwächten Eindruck. Er hatte das Amt 2009 von seinem Vater übernommen, der Gabun davor 41 Jahre lang regiert hatte. Zwei Wahlen gewann Ali Bongo, in beiden Fällen gab es massive und glaubwürdige Fälschungsvorwürfe.

Selbst Kritiker gestanden dem jüngeren Bongo zu, das Land nicht mehr ganz so schamlos auszubeuten wie sein Vater. Er startete eine kleine Offensive gegen die Korruption in der Regierung, mehrere Minister mussten sich vor Gericht verantworten. Bongo versuchte zudem, die Abhängigkeit Gabuns vom Öl zu verringern, und ließ in Medizintechnologie, Infrastruktur und Tourismus investieren.

Aber auch die überschaubaren Versuche einer ordentlichen Regierungsführung änderten nichts an der Grundproblematik Gabuns. Das Land ist durch seine Öleinnahmen so reich, dass es seinen Bürgern ein Grundeinkommen von 10 000 Dollar im Jahr finanzieren könnte, in Wirklichkeit lebt aber ein Drittel von weniger als einem Dollar am Tag. Zehn Prozent der Elite gehören 90 Prozent des Reichtums im Land, allein der Familienclan der Bongo soll um die 30 Immobilein in Paris besitzen. Wie es nun in Gabun weitergeht, ist unklar, Präsident Bongo hat sich bisher nicht zu Wort gemeldet.

Als nicht unwahrscheinlich gilt, dass in den nächsten Wochen - sollte sich der Gesundheitszustand des Präsidenten nicht bessern - andere Familienmitglieder der Bongo nach der Macht greifen. Ihnen war Ali Bongo schon lange ein Dorn im Auge: Der Vater soll in ihn Nigeria adoptiert und damit die Erbfolge durcheinandergebracht haben.

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