Gabriel in Israel:Kollision mit Wladimir Tayyip Netanjahu

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Gabriel in Israel: Deutsche Leisetreterei mag Israels Premier Benjamin Netanjahu ermutigt haben. Ganz rechts im Bild: Staatspräsident Reuven Rivlin.

Deutsche Leisetreterei mag Israels Premier Benjamin Netanjahu ermutigt haben. Ganz rechts im Bild: Staatspräsident Reuven Rivlin.

(Foto: AFP)

Viel zu lange hat die Bundesregierung zugesehen, wie Israels Regierungschef sein Land umkrempelt. Jetzt hat es geknallt - höchste Zeit war es dafür.

Kommentar von Peter Münch, Tel Aviv

Man nennt ihn Bibi, und das klingt ziemlich niedlich. "König Bibi" sagen manche, weil er ja jetzt schon so lange herrscht über sein Reich zwischen Mittelmeer und Jordan. Doch wenn man - nomen est omen - mit einem Beinamen wirklich ermessen wollte, wie Israels Premierminister Politik betreibt, dann könnte man ihn durchaus Wladimir Tayyip Netanjahu nennen. Denn wie Putin in Russland und Erdoğan in der Türkei krempelt auch er sein Land um, untergräbt die alten Werte, gefährdet die Demokratie. Seine Gegner bekommen das schon lange zu spüren. Nun sind auch die Freunde dran.

Sigmar Gabriel zum Beispiel. Dass Netanjahu ein Treffen mit dem deutschen Außenminister platzen lässt, weil der auf seiner Israel-Reise auch noch mit linken Vertretern der Zivilgesellschaft zusammenkommt, ist ein Eklat, ein Skandal, ein Tiefpunkt in den deutsch-israelischen Beziehungen.

Doch überraschend ist das alles gewiss nicht, und ganz bestimmt ist es wohl kalkuliert. Denn wie jeder Populist setzt der Jerusalemer Regierungschef mit diesem Paukenschlag vor allem aufs innenpolitische Echo. In seinem rechten Lager darf er sich bei solcher Kraftmeierei des johlenden Beifalls sicher sein.

Seit seiner ersten Wahl zum Premier vor mehr als 20 Jahren hat Netanjahu die Politik und die politische Kultur in Israel nachhaltig verändert. Das erste Opfer war der Friedensprozess mit den Palästinensern, der zielstrebig dem ideologisch aufgeladenen Siedlungsprojekt in den besetzten Gebieten geopfert wurde.

Im zweiten Schritt dann wurde die Axt im Innern angesetzt, bei Friedens- und Menschenrechtsgruppen wie "Peace Now", "B'Tselem" und "Breaking the Silence". Sie werden seit geraumer Zeit mit absurden Gesetzen drangsaliert, mit Auftrittsverboten belegt und zu Verrätern gestempelt - nur weil sie ein anderes Israel wollen als die Rechten.

"Frieden" als Schimpfwort

Gezielt ist aus der Regierung heraus ein Klima geschaffen worden, in dem das Wort "Frieden" zum Schimpfwort mutierte. Linke und liberale Kräfte werden nicht nur ins Abseits gedrängt, sondern bisweilen sogar bedroht. Spätestens seit dem Kriegssommer 2014, als in Tel Aviv die letzten verbliebenen Demonstranten gegen den Waffengang in Gaza von einem rechten Mob vermöbelt wurden, war diese Entwicklung zu erkennen.

Doch so genau wollte wohl niemand hinsehen bei Israels Freunden im Ausland. Dabei hätte jedem klar sein müssen, dass eine Konfrontation nicht zu vermeiden ist. Schließlich werden die bedrängten israelischen Friedens- und Menschenrechtsgruppen zu guten Teilen - und mit guten Gründen - von der EU und auch aus Mitteln des deutschen Auswärtigen Amts finanziert.

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