G-20-Krawalle:Schlechter Start für die Aufklärung

Sonderausschuss zum Sicherheitskonzept beim G20-Gipfel

Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer, Innensenator Andy Grote (SPD), Innenstaatsrat Bernd Krösser und Hartmut Dudde, Leitender Polizeidirektor (von links nach rechts) bei der Sondersitzung.

(Foto: dpa)
  • In einer Sondersitzung will der Hamburger Innenausschuss aufarbeiten, was sich während des G-20-Gipfels in den Straßen der Hansestadt abspielte.
  • Die Vorträge bringen allerdings kaum neue Erkenntnisse, nur neue Zahlen: Offenbar waren bis zu 23 000 Polizisten im Einsatz.
  • Die Polizei verteidigt auch ihr vehementes Vorgehen im Schanzenviertel, dem Zentrum der Eskalation.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Die politische Aufarbeitung der gewaltsamen Ereignisse im Rahmen des Hamburger G-20-Gipfels hat begonnen. Und zwar begann sie am Mittwoch mit einer Sondersitzung des Innenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft. Mit ausführlichen Berichten von Innensenator Andy Grote (SPD) und der Polizei über das Geschehen in den Tagen der Industriestaaten-Konferenz. Und sie begann mit einer Verweigerung von den Oppositionsparteien CDU, FDP und Linke. Diese fanden die Vorträge nach einer Stunde zu langatmig und dünn. Der CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator sprach von einer "Taktik, auf Zeit zu spielen", es ergebe "keinen Sinn, in die Befragung einzusteigen". FDP und Linke erklärten ebenfalls, keine Fragen mehr zu stellen.

"Wir können hier die ganze Nacht sitzen, wenn das erforderlich ist"

Das war kein guter Start für den parlamentarischen Prozess, der Antworten bringen soll auf die vielen Fragen nach den G-20-Krawallen durch kriminelle Linksradikale und deren Trittbrettfahrer. Die Bilder von brennenden Barrikaden, von geplünderten Läden, von Vermummten, die Autos in Brand stecken, haben Menschen im ganzen Land verwirrt. Es wäre deshalb wichtig gewesen, wenn die Befragung besser in Gang gekommen wäre. Innensenator Grote wirkte fast verzweifelt, als die Opposition sich aus der Debatte zurückzog. Alle Fragen wolle er beantworten. "Wir können hier die ganze Nacht sitzen, wenn das erforderlich ist", sagte Grote.

Die ersten Vorträge brachten allerdings kaum neue Erkenntnisse, allenfalls neue Zahlen: Statt 21 000 Einsatzkräften, wie es bisher geheißen hatte, seien in der Spitze 23 000 im G-20-Einsatz gewesen. Davon seien 592 vorsätzlich verletzt worden; bisher war von 476 verletzten Polizisten die Rede gewesen. Ansonsten ging es zunächst um die beträchtlichen G-20-Herausforderungen für die Polizei und die ungeahnte kriminelle Energie der Gewalttäter. Spannender wurde es erst, als Polizeidirektor Normen Großmann, Leiter der Eingriffskräfte, mit drastischen Worten von jenem Freitagabend erzählte, an dem die Gewalt im Schanzenviertel um sich griff.

Einsatzkräfte wollten "nicht über jedes Stöckchen springen"

Anwohner waren an dem Abend irritiert, weil die Polizei nicht da war, als der Mob sich über ihren Stadtteil hermachte. Großmann erklärte, dass die Einsatzkräfte zunächst nicht übereilt hatten vorgehen wollen: "Wir wollten nicht über jedes Stöckchen springen." Später hätten ihn "Quelleninformationen von verdeckt eingesetzten Kräften" erreicht. Demnach hätten sich auf mehreren Dächern "circa 1500 zu allem bereite Personen" mit Zwillen, Molotowcocktails und Steinplatten platziert, um die Polizei ohne Rücksicht auf Leib und Leben in Empfang zu nehmen. "Das Schanzenviertel war als Festung ausgebaut", sagte Großmann. Deshalb habe er seine Leute zurückgehalten und Spezialeinheitskräfte (SEK) angefordert.

Anschließend berichtete SEK-Leiter Michael Zorn, dass seine Kräfte in den Gebäuden mit Paletten, Steinen und Sonstigem angegriffen worden seien. Mit Gummigeschossen und den Ziellasern ihrer Waffen drängte das SEK die Täter zurück. Auch Zorn wählte drastische Worte: "Wir sind um Haaresbreite an einer sehr, sehr schweren Eskalation der Lage vorbeigeschrammt.

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