G-20-Gipfel:Hamburger Sichtweisen

Die CDU-Fraktion fordert nach der Gewalt während des G-20-Gipfels ein eigenes Versammlungsgesetz für die Hansestadt. Und natürlich die Schließung der Roten Flora, um "Linksextremismus konsequent den Nährboden zu entziehen".

Von Thomas Hahn, Hamburg

André Trepoll versieht seinen Dienst als CDU-Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft mit Elan und Angriffslust. Er ist deshalb sehr fest davon überzeugt, dass Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) seinen Posten räumen sollte, weil dieser vor dem G-20-Gipfel den Menschen in der Hansestadt Sicherheitsgarantien gab, die dann nicht einzuhalten waren. Und Trepoll, 39, lässt sich dabei nicht einmal von seiner prominentesten Parteifreundin beirren: Am Sonntag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der ARD berichtet, dass sie der Hamburger CDU "ganz deutlich" gesagt habe, wie sie die Rücktrittsforderungen gegen Scholz findet: nämlich "falsch". Am Montag gab sich Trepoll davon unbeeindruckt. "Wir sind eine große Volkspartei", sagte er, "und ich glaube, dass es auch darauf ankommt, aus welchem Blickwinkel man einen Sachverhalt wahrnimmt. Ich habe den Hamburger Blick."

Die Kanzlerin kann den Bürgermeister schlecht alleine in der Kritik stehen lassen

Diese CDU-interne Meinungsverschiedenheit zwischen Bundeskanzlerin und Landesparlamentarier liefert ein anschauliches Beispiel dafür, wie Politik manchmal in Interessen zerfällt. Es war Angela Merkels Vorschlag, den G-20-Gipfel in Hamburg stattfinden zu lassen, Scholz ging darauf ein. Jetzt kann sie den Bürgermeister schlecht allein in der Kritik stehen lassen, die auf ihn einprasselt, seit in den G-20-Tagen ein Mob aus Linksextremen und Trittbrettfahrern Autos anzündete, Läden plünderte und Polizisten angriff. "Dafür habe ich genauso die Verantwortung wie Olaf Scholz", sagt die Kanzlerin.

Trepoll hingegen muss als Oppositionspolitiker die Chancen nutzen, wie sie kommen. Gegen die Vernunftpolitik von Olaf Scholz und seiner rot-grünen Koalition konnte die CDU bisher wenig ausrichten. Erst seit der Randale wackelt das Bild von Scholz als verlässlichem Bürgermeister, weil er vorher den falschen Eindruck erweckt hatte, als würde der Gipfel unbemerkt an der Hansestadt vorbeiziehen. "Mir geht es darum, Vertrauenswürdigkeit in unser politisches System zu bringen", sagt Trepoll. Angela Merkels Rücktritt hat er natürlich nie gefordert.

Immerhin, Hamburgs CDU beharrt nicht auf einem Scholz-Abschied. Am Montag haben Trepoll und sein innenpolitischer Sprecher Dennis Gladiator ihren "Aktionsplan nach den verheerenden Gewaltexzessen beim G-20-Gipfel" vorgestellt. Darin stehen diverse Forderungen an den Senat, um "Linksextremismus konsequent den Nährboden zu entziehen": Die CDU will die Schließung des linksautonomen Zentrums Rote Flora im Schanzenviertel "als Biotop des militanten Widerstandes", ein Beratungsnetzwerk gegen Linksextremismus, Aussteigerprogramme, Extremismus-Klauseln für Förderempfänger, ein eigenes Hamburger Versammlungsgesetz, eine Bundesinitiative für eine europäische Extremistendatei. Die CDU sieht das Papier als Diskussionsanstoß und Angebot an die Landesregierung. Trepoll sagt: "Wir stehen bereit für einen Pakt gegen linke Gewalttäter."

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