G 36:Daneben

Ursula von der Leyen hat vor Gericht das Ziel verfehlt.

Von Jan Heidtmann

Wieder einmal ging im Zusammenhang mit dem Sturmgewehr G 36 ein Schuss daneben. Doch diesmal hat nicht ein Soldat an der Waffe sein Ziel verfehlt, sondern die Verteidigungsministerin selbst. Das Urteil des Landgerichts in Koblenz ist eine ziemliche Schlappe für Ursula von der Leyen. Für ihre Bemühungen, den Einkauf von Rüstungsgütern neu zu regeln. Und für sie ganz persönlich.

Dabei war die ursprüngliche Erkenntnis, die sich zur Affäre auswuchs, vollkommen richtig: In der staubigen Hitze Afghanistans schossen die Bundeswehrsoldaten mit dem G 36 mehr daneben, als dass sie trafen. Schuld daran waren die extremen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, in Labortests sank die Trefferquote teils auf sieben Prozent. In den Gefechten mit den Taliban ging es um Leben und Tod, die Ministerin kündigte zu Recht an, das G 36 auszumustern. Dabei hätte sie es belassen sollen.

Doch die Bundeswehr forderte vom Hersteller zusätzlich Schadenersatz in Höhe einiger Millionen. Nur, auf welcher Grundlage? Das G 36 wurde seit 1996 beschafft, Einsätze wie der in Afghanistan waren damals undenkbar; die Bundeswehr hätte das Gewehr nachrüsten lassen müssen. Man geht ja auch nicht in Flip-Flops zum Bergsteigen.

Jetzt, zum absehbaren Ende der Affäre, steht die Ministerin selbst da wie das Sturmgewehr G 36: In der Hitze des Gefechts sitzen die Schüsse nicht mehr.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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