G-8-Gipfel in L'Aquila:Sarkozy formuliert Ultimatum an Iran

"Es ist an Ihnen, die Entwicklung der Dinge zu bestimmen": Beim Gipfeltreffen in Italien setzen die G-8-Staaten Teheran eine Frist für Verhandlungen über das Atomprogramm. US-Präsident Obama plant bereits die nächste Konferenz - ein Treffen zur atomaren Sicherheit in Washington.

Im Ringen um ein Ende des Atomstreits mit Iran haben die sieben führenden Industrienationen und Russland (G 8) Teheran eine Frist gesetzt. Die Staats- und Regierungschefs der G 8 wollten Iran die Chance zu Verhandlungen geben, sagte der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Abend beim G-8-Gipfel in L'Aquila - und appellierte an die iranische Führung: "Es ist an Ihnen, die Entwicklung der Dinge zu bestimmen."

Sarkozy und Obama beim G-8-Gipfel in L'Aquila. AFP

Sarkozy und Obama beim G-8-Gipfel in L'Aquila.

(Foto: Foto: AFP)

Wenn es mit einer Verhandlungslösung klappe, sei das wunderbar, sagte Sarkozy. Wenn dies nirgendwohin führe, werde das jedoch "nicht ohne Konsequenzen bleiben". Die Staatengemeinschaft sei entschlossen, im Atomstreit Fortschritte zu erzielen. Teheran müsse sich "zwischen August und September" entscheiden, wie die Dinge sich entwickeln sollten: "Pittsburgh, das ist der Termin", fügte er hinzu. Damit spielte Sarkozy auf den nächsten G-20-Gipfel an, der im September in Pittsburgh in den USA stattfindet.

Iran betreibt ein Atomprogramm, das nach Angaben aus Teheran ausschließlich der zivilen Nutzung dient. Der Westen fürchtet aber, dass das Land unter dem Deckmantel der friedlichen Nutzung an Atomwaffen arbeitet.

In einer gemeinsamen Erklärung drückten die Gipfelteilnehmer zudem ihre "ernsthafte Besorgnis" über die Gewalt in Iran nach dem umstrittenen Ausgang der Präsidentenwahl am 12. Juni aus. Einmischung in die Berichterstattung, das ungerechtfertigte Festhalten von Journalisten und die jüngsten Festnahmen von Ausländern seien "inakzeptabel", kritisierten die Staats- und Regierungschefs.

Sarkozy verlangte in diesem Zusammenhang erneut die sofortige Freilassung der französischen Uni-Mitarbeiterin Clotilde Reiss, die seit dem 1. Juli in iranischer Haft sitzt. Die iranischen Behörden werfen der 23-Jährigen Spionage vor, was die französische Regierung vehement zurückweist.

Sarkozy zufolge verurteilten die Gipfelteilnehmer zudem einmütig die "inakzeptablen" Äußerungen des wiedergewählten iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zum Holocaust. Ahmadinedschad hat den Völkermord an den Juden wiederholt geleugnet.

Vertreter des Nationalen Sicherheitsrats der USA betonten, die Gipfel-Teilnehmer hätten Geschlossenheit gegenüber Iran demonstriert. Die Beratungen in L'Aquila hätten eine "kollektive Ungeduld mit Iran" ebenso gezeigt wie den Wunsch nach einer richtigen Antwort Teherans, sagte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Michael Froman.

Obama lädt zu Konferenz in Washington

Zu Nordkorea erklärten die G 8, die Führung in Pjöngjang stelle "eine Gefahr dar für Frieden und Stabilität in der Region und darüber hinaus". Die kommunistische Regierung wurde aufgefordert, sich an die UN-Resolutionen zu halten und wieder zum Dialog über das Atomprogramm des Landes zurückzukehren.

Obama selbst hat unterdessen detaillierte Pläne für ein Spitzentreffen über atomare Sicherheit vorgestellt. Schon im März kommenden Jahres sollen die Staats- und Regierungschefs von bis zu 30 Ländern in Washington zusammenkommen, erklärte Obama am Abend nach einem Bericht des US-Senders CNN beim Abendessen in L'Aquila. Obama hatte Anfang der Woche in Moskau, nach einer nuklearen Abrüstungsvereinbarung mit dem russischen Staatschef Dmitrij Medwedjew, erstmals von einer Konferenz über nukleare Sicherheit gesprochen. Bei dem Gipfel sollen demnach Möglichkeiten gesucht werden, Staaten wie etwa Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern.

Beim G-8-Gipfel wird jedoch weiter der Klimawandel im Mittelpunkt stehen: An diesem Donnerstag wollen die Teilnehmer in L'Aquila Verbündete im Kampf gegen die Erderwärmung finden. Die Staats- und Regierungschef treffen dazu ihre Kollegen aus fünf aufstrebenden Nationen: Zur sogenannten G 5 gehören China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Diese erweiterte Gipfelrunde könnte in Zukunft eine größere Rolle dabei spielen, die globalen Probleme und Krisen in den Griff zu bekommen.

"Wir werden dafür nicht unser Wirtschaftswachstum opfern"

Es wird mit Spannung erwartet, wie die G 5 sowie andere wichtige Industrienationen wie Südkorea, Indonesien und Australien auf die Klimaziele der G 8 reagieren werden. Erstmals haben sich die USA - der weltgrößte Klimasünder - unter ihrem neuem Präsidenten Obama auf Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung festlegen lassen. Die G 8 wollen, dass sich die Erde - im Vergleich zum Beginn des Industriezeitalters - um weniger als zwei Grad Celsius erwärmt.

Geht es zudem nach den G 8, sollte der weltweite Ausstoß gefährlicher Treibhausgase bis 2050 um 50 Prozent verringert werden. Die G 8 allein müssten dafür die Verschmutzung um 80 Prozent im Vergleich zu 1990 zurückfahren.

Kritische Worte zu diesem Klimaziel kamen allerdings bereits aus der russischen Delegation. Das Ziel der Verringerung der Verschmutzung um 80 Prozent sei für einige Länder "unerreichbar", sagte Arkadi Dworkowitsch, Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew. "Wir werden dafür nicht unser Wirtschaftswachstum opfern."

Um bei den Verhandlungen über ein neues Weltklimaabkommen im Dezember in Kopenhagen zu einem Erfolg zu kommen, brauchen die G 8 alle aufstrebenden Nationen. Diese sogenannten Schwellenländer beharren darauf, dass ihnen die Industriestaaten mit Milliarden beim Klimaschutz unter die Arme greifen.

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