G-8-Gipfel: Beschluss zum Klimaschutz:"Historischer Konsens"

Schulterschluss beim G-8-Gipfel: Die traditionellen Industriestaaten und die aufstrebenden Wirtschaftsmächte wie China und Indien haben sich erstmals auf ein gemeinsames Klimaziel verständigt.

Die um ihren globalen Einfluss kämpfende Gruppe der führenden Industriestaaten und Russland (G 8) demonstriert Handlungsfähigkeit: Iran drohen die G 8 wegen des Atomprogramms ultimativ mit Sanktionen; beim lange vernachlässigten Klimaschutz übernehmen sie erstmals eine Führungsrolle.

G-8-Gipfel: Beschluss zum Klimaschutz: Präsident Obama schreitet zur Tat.

Präsident Obama schreitet zur Tat.

(Foto: Foto: AP)

Bei seinem ersten G-8-Gipfel präsentierte sich US-Präsident Barack Obama im italienischen L'Aquila als eine treibende Kraft. Im März 2010 will Obama einen Atomgipfel in Washington einberufen, um Maßnahmen im Kampf gegen den Nuklearwaffen-Schmuggel voranzubringen.

Nach seiner spektakulären Rede am 5. April in Prag über eine atomwaffenfreie Welt stellte Obama in der Gipfelrunde nun offiziell seine Ideen auf dem Weg dahin vor. Auf dem Atomgipfel soll ein Konzept für die kommenden vier Jahre entwickelt werden, um nukleares Material besser vor Terroristen zu schützen sowie einen Schwarzmarkt - auch für die Technologie - zu verhindern.

"Ich rechne damit, dass diese Konferenz von außerordentlicher Bedeutung ist", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Ich glaube, hier liegt eine der größten Gefahren der Welt."

Fortschritte beim Klimaschutz

Den G-8-Staats- und Regierungschefs gelang es am Donnerstag, die stark aufkommenden Volkswirtschaften wie China, Indien und Brasilien für ein wichtiges Klimaziel zu gewinnen.

Gemeinsam erklärten die 16 Staaten: "Wir erkennen die wissenschaftliche Erkenntnis an, dass der globale Anstieg der durchschnittlichen Temperatur - im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung - zwei Grad nicht überschreiten darf." Dafür wollen die G 8 auch mit Mexiko und Südafrika, außerdem Australien, Südkorea und Indonesien zusammenarbeiten. Dänemark ist als Gastgeber der Klimakonferenz im Dezember und als 17. Land Teil dieses sogenannten MEF-Prozesses ("MEF - Major Economies Forum").

Kritik von Ban

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte die von den G 8 vereinbarten Ziele als unzureichend. Wissenschaftler lobten die Festlegung auf die Höchstgrenze zwei Grad als wegweisend für die Klimaverhandlungen im Dezember in Kopenhagen. Dann will die Staatengemeinschaft ein Abkommen aushandeln, um den Ausstoß gefährlicher Treibhausgase wie CO2 möglichst rasch zu verringern.

Merkel sprach insgesamt von einer guten Entwicklung, die auch den Weg für mittelfristige Klimaschutzziele ebnen sollte. "Ich denke, dass auch die USA dazu kommen werden", sagte sie.

Enttäuschung an anderer Stelle

Der Greenpeace-Klimaexperte Tobias Münchmeyer nannte die Beschlüsse eine enttäuschende "Einigung auf den allerkleinsten gemeinsamen Nenner". Die Haltung Russland nährte Skepsis am gefundenen Kompromiss. Der Wirtschaftsberater von Präsident Dmitrij Medwedjew, Arkadi Dworkowitsch, sagte: "Für Russland, Kanada und eine Reihe anderer Länder ist (die Verringerung gefährlicher Treibhausgase bis 2050) um 80 Prozent unannehmbar und einfach unerreichbar. Wir werden dafür nicht unser Wirtschaftswachstum opfern."

G 8 geht bei Iran die Geduld aus

Vor allem im Fall Iran scheinen die G8 die Geduld zu verlieren. Das Land, in dem derzeit nach der umstrittenen Präsidentenwahl offensichtlich ein Machtkampf herrscht, steht im Verdacht, die Atombombe bauen zu wollen. Auch die ständigen Provokationen Nordkoreas mit Raketen- und Nuklearwaffentests strapaziert die Geduld der G 8.

Zur G 8 gehören die vier ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder USA, Russland, Frankreich und Großbritannien, daneben Deutschland, Japan, Kanada und Italien. Die G-8-Staaten forderten in einer Iran-Resolution die Führung in Teheran erneut auf, über das umstrittene Atomprogramm zu verhandeln.

"Wir hoffen sehr, dass Iran die Gelegenheit nutzt und der Diplomatie eine Chance gibt." Die G 8 setzten dem Iran eine Frist bis September, um eine Lösung zu finden. Merkel hofft dennoch weiter, dass Iran ohne Strafen einlenkt. "Sanktionen sind das schlechtere Mittel, wir wollen ja eine Lösung des Problems", sagte sie. "Wir werden in Pittsburgh sagen müssen, wie es weiter geht." Dort treffen sich die Staats- und Regierungschefs zum Gipfel der 20 führenden Wirtschaftsmächte (G 20) am 24. und 25. September wieder.

Als bemerkenswert wurde in vielen Delegationen hervorgehoben, dass sich Russlands Präsident Dmitri Medwedjew der harten Gangart gegen Iran anschloss. Merkel rechnet für das kommende Jahr damit, dass sich die internationale Gipfelszene neu ordnet. Die Zahl der Treffen sei zu hoch. Darüber werde auch in Pittsburgh gesprochen.

Die Kanzlerin hatte vor dem G-8-Gipfel Zweifel geäußert, ob das Treffen der G 8 noch zeitgemäß ist. Sie hat für eine dauernde Einbeziehung der Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien geworben. Fortschritte gab es beim Welthandel: Die stockende Welthandelsrunde zur Öffnung der Märkte soll nach dem Willen der stärksten Handelsnationen im kommenden Jahr abgeschlossen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: