G-7-Gipfel in Kanada:Worüber Einigkeit herrschte - und worüber nicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim G-7-Gipfel in Kanada.

Kanzlerin Angela Merkel (unten rechts) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (daneben) waren sich weitgehend einig.

(Foto: AFP)

Bevor Trump die gemeinsame G-7-Abschlusserklärung aufkündigt, scheint es, als hätten die Mitglieder zumindest in Bezug auf Nordkorea einen Konsens erreicht. Bei vielen anderen Themen lagen sie teils weit auseinander. Ein Überblick.

Die Zeiten, in denen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industrienationen (G 7) an einem Strang zogen, sind mit US-Präsident Donald Trump vorbei. Kurz nach seinem Abflug aus Kanada kündigte er via Twitter die gemeinsame Abschlusserklärung der Mitgliedsstaaten auf. Bereits zuvor hatten der Streit über Handel, das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe oder den Klimaschutz den G-7-Gipfel der USA, Deutschlands, Kanadas, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Japans im kanadischen La Malbaie nahe Québec überschattet. Hier die Ergebnisse:

Handel

Im Handelskonflikt der Europäer, Japaner und Kanadier mit den USA gab es keine Annäherung. Die Gegensätze prallten unversöhnlich aufeinander. Trotzdem gab es eine Einigung auf eine vage gemeinsame Erklärung und einen Aufruf zum Kampf gegen Protektionismus. Als Kompromiss lehnte sich die Erklärung an frühere Formulierungen an. Damit wurde offensichtlich auch die Forderung von Kanzlerin Angela Merkel erfüllt, nicht hinter bisherige Positionen zurückzufallen. Die G-7-Staaten plädierten erneut dafür, die Welthandelsorganisation (WTO) zu modernisieren, um sie gerechter zu machen. Die aktuellen Differenzen wurden nicht erwähnt.

Nordkorea

Der Atomkonflikt auf der koreanischen Halbinsel schien das einzige Topthema zu sein, bei dem sich die G-7-Partner einig waren. Nach Angaben von Diplomaten unterstützten alle Partner die von Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe vorgestellten Bemühungen für eine unumkehrbare, atomare Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel und stärkten Trump den Rücken. Der US-Präsident reiste vorzeitig direkt von Kanada nach Singapur, wo er am Dienstag mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu einem historischen Gipfel zusammentreffen wird.

Russland

Über den völlig überraschenden Vorstoß von Trump, Russland wieder in die Gruppe der großen Industrienationen aufzunehmen, gab es keine Einigung. Einzig der Neuling in der Runde, Italiens neuer Regierungschef Giuseppe Conte, unterstützte Trump grundsätzlich. Die anderen G-7-Partner erwarten erst Fortschritte im Friedensprozess für die Ukraine. Russland war 2014 nach der Annexion der Halbinsel Krim ausgestoßen worden.

"Fake News" und Propaganda

Die G-7-Staaten gehen gemeinsam gegen Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland vor. Ein neuer Mechanismus zur schnellen Reaktion (Rapid Response Mechanism - RRM) soll eine koordinierte und schnelle Reaktion auf Wahlmanipulationen, Propagandaattacken und andere "inakzeptable Handlungen" ermöglichen. Über das Abwehrsystem sollen Informationen über solche Angriffe analysiert und ausgetauscht werden. Im nächsten Schritt würde dann im Idealfall eine koordinierte Reaktion erfolgen, die von Gegenkampagnen bis zu Sanktionen reichen könnte.

Iran

Zum Streit über den Ausstieg der USA aus dem Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe wurde wenig bekannt. Deutschland, Großbritannien und Frankreich hatten an die USA appelliert, europäische Unternehmen nicht für Geschäfte im Iran zu bestrafen. Die Europäer wie auch Mitunterzeichner China und Russland wollen an dem Abkommen festhalten. Doch droht Trump ihren Unternehmen mit Sanktionen. Der Iran hatte sich als Gegenleistung für wirtschaftliche Lockerungen und mehr ausländische Investitionen dazu bereiterklärt, sein Atomprogramm aufzugeben und sich Kontrollen zu unterwerfen.

Frauen

Bei der Gleichberechtigung, einem der Schwerpunktthemen des kanadischen Gastgebers Justin Trudeau, gab es Fortschritte. Die G-7-Partner wollen bis 2020 drei Milliarden US-Dollar (umgerechnet 2,5 Milliarden Euro) mobilisieren, um Frauen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Die Länder stellen eine Milliarde US-Dollar bereit, um weitere zwei Milliarden aus dem Privatsektor zusammenzubringen. Die Initiative soll den Zugang von Frauen zu guten Jobs, Finanzen, Märkten, Führungsmöglichkeiten und Dienstleistungen verbessern. Auch soll das Unternehmertum von Frauen gefördert werden. Ein von Kanada eingeführtes Beratergremium für Gleichberechtigung soll seine Arbeit auch unter Frankreichs G-7-Vorsitz im nächsten Jahr fortsetzen.

Bildung

Die G-7-Staaten werden den Zugang von armen Mädchen zu Bildung in Krisenregionen über drei Jahre mit 2,5 Milliarden Euro fördern. Davon sollen mehr als acht Millionen Kinder profitieren. Die Zusagen übersteigen deutlich die Forderungen von Gastgeber Kanada und Hilfsorganisationen, die 1,1 Milliarden Euro gefordert hatten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen wegen der unsicheren Sicherheitslage die Schule verlassen müssen, ist 2,5 mal größer als bei Jungen.

Plastik

Beim Kampf gegen Plastikmüll in den Ozeanen macht Trump nicht mit. Die meisten anderen G-7-Partner verpflichteten sich darauf, bis 2030 die vollständige Verwertung von Plastikmüll zu erreichen - vor allem, um ihn aus den Ozeanen zu verbannen. Die Position der Japaner war zunächst noch unklar. In Europa fallen jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Nur knapp 30 Prozent davon werden heute zur Wiederverwertung gesammelt, die übrigen 70 Prozent landen auf Müllkippen, in Verbrennungsanlagen oder in der Natur. Die USA waren nur grundsätzlich für eine Wiederverwertung, wollten sich aber nicht auf messbare Ziele festlegen. Unter den G 7 ist Amerika der größte Verursacher von Plastikverschmutzung in den Ozeanen. Global gesehen sind es China, Indonesien und die Philippinen.

Klima

Der anhaltende Streit mit Trump über seinen Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen überschattete wie im Vorjahr auch diesen Gipfel. Der Nordkorea-Gipfel in Singapur, der allerdings erst am Dienstag beginnt, diente Trump als Entschuldigung für seine vorzeitige Abreise aus Kanada. So konnte sich der US-Präsident die Beratungen über Klimawandel sparen. Der Kampf gegen die Erderwärmung gehörte zu den Hauptanliegen der kanadischen G-7-Präsidentschaft.

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