Süddeutsche Zeitung

G-7-Abschlussdokument von Elmau:Was der Gipfel-Sprech bedeutet

Was ist die stärkste Formulierung in einem Gipfeldokument? Welche Vokabel drückt Uneinigkeit aus? Und wie werden Geldfragen beschrieben? Überblick über feine Unterschiede in Gipfel-Erklärungen und das Abschlussdokument des Elmauer Treffens im Wortlaut.

Von Michael Bauchmüller, Garmisch-Partenkirchen

Zusage ist keineswegs gleich Zusage, schon gar nicht in einer Schlusserklärung der Mächtigen. Ein kleines Wörtchen kann entscheiden, ob sie sich wirklich etwas vorgenommen haben oder es nur grob anpeilen, ob sie selbst aktiv werden wollen oder nur gut fänden, wenn andere etwas täten. Ein Überblick über feine Unterschiede in Gipfel-Erklärungen.

"Wir bekennen uns" (commit to - in Klammern immer die englische Vokabel; Englisch ist die Sprache internationaler Vereinbarungen): Das ist die stärkste Formulierung in einem Gipfeldokument, in Elmau vorbehalten für das Ziel, aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen.

Geld bereitstellen - oder mobilisieren?

Bei dieser Vokabel wird es ernst, anders als bei "Wir zielen auf" (aim): Da nimmt sich die G 7 lediglich etwas vor - leider mit ungewissem Ausgang. Nicht viel anders sieht es aus, wenn sie "nach etwas streben" (strive for) - es klingt nur etwas visionärer.

Das ist beides aber noch allemal besser als "Wir nehmen zur Kenntnis" (take note). Bei der Formulierung ist klar: Im Kreis der Sieben herrscht Uneinigkeit. Weil sie weder bekennen noch zielen noch streben wollen, stellen sie einfach nur fest. Konkrete Bedeutung für die Welt: null.

Ähnlich verbindlich ist es, wenn die G 7 etwas "hervorhebt" (highlight), sich über "die Notwendigkeit Gedanken macht" (reflect the need), etwas "unterstützt" (support) oder "die Wichtigkeit wahrnimmt" (recognize the importance). Nett, dass wir mal darüber gesprochen haben.

Große Findigkeit haben die G-7-Staaten im Lauf der Jahre auch entwickelt, wenn es um die Verteilung von Lasten geht. Findet sich etwa die Formulierung "mit unseren Partnern" (with other partners), dann wollen die Sieben zwar gerne handeln, aber keinesfalls alleine.

Auch ist es nicht dasselbe, ob die Staaten Geld "bereitstellen" (provide) oder nur "mobilisieren" (mobilize). Denn bereitstellen müssen die Staaten Geld aus ihrer eigenen Schatulle. Mobilisieren lässt es sich auch bei anderen, etwa privaten Quellen.

Welche Formulierung sich wo findet, darüber haben Sherpas wochen- und monatelang verhandelt, ein zähes Ringen ums Kleingedruckte. Etwa um die Frage, ob der Durchbruch beim Klimaschutz "vor" Ende des Jahrhunderts kommen soll (before) oder "bis" Ende des Jahrhunderts (until). Letzteres hätte 2099 bedeutet. Es wurde aber: "im Laufe des Jahrhunderts".

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SZ vom 09.06.2015/odg
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