Fürs Klima:Wie Profis

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Christian Lindner redet die Schülerstreiks schlecht - nun kommt Hilfe aus der Wissenschaft.

Von Jacqueline Lang

Eckart von Hirschhausen (rechts außen) mit (v. links nach rechts) Luisa Neubauer und Jakob Blasel von "Fridays for Future" und Karen Helen Wiltshire vom Alfred-Wegener-Institut im Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Am vergangenen Wochenende hatte Christian Lindner auf Twitter gepostet, dass er das politische Engagement von Schülerinnen und Schülern, die seit drei Monaten jeden Freitag auf die Straße gehen, toll finde. Aber man könne von ihnen nicht erwarten, dass sie die globalen Zusammenhänge verstünden. Klimawandel, das sei "eine Sache für Profis". Entgangen war dem Bundesvorsitzenden der FDP dabei wohl, dass zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Hundert sogenannter Profis eine Stellungnahme unterzeichnet hatten, mit der sie sich hinter die Jugendlichen stellen, die unter dem Motto "Fridays for Future" jeden Freitag gegen den Klimawandel demonstrieren.

"Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären wir auf Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse: Diese Anliegen sind berechtigt und gut begründet. Die derzeitigen Maßnahmen zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- und Bodenschutz reichen bei Weitem nicht aus", heißt es dazu wörtlich in der Stellungnahme, die am Dienstagmorgen bei einer Pressekonferenz von einigen Vertretern vorgestellt wurde. Unterzeichnet haben sie bislang mehr als 12 000 Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Noch bis Freitag können Forscher und Wissenschaftler aus allen Fachbereichen unterschreiben.

Zu den namhaften Unterzeichnern zählen bislang Maja Göpel, Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung, Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme sowie die Wissenschaftsjournalisten Eckart von Hirschhausen und Ranga Yogeshwar. Das Dokument soll den Schülern mit allen Unterschriften bei der kommenden Freitagsdemonstration am 15. März in Berlin überreicht werden - denn auch an diesem Freitag wollen die Schüler statt in die Schule wieder auf die Straße gehen. Dieses Mal mit Unterstützung der sogenannten Wissenschaftler für die Zukunft, Scientists for Future.

Nachdem Lindner auf Twitter für seinen ersten Tweet am Sonntag bereits stark kritisiert worden war, legte er kurz darauf noch einmal nach: "Jeder soll demonstrieren - aber außerhalb der Schulpflicht." Der Fairness halber sollte man sagen, dass diese Meinung nicht nur der FDP-Politiker vertritt. Hirschhausen verglich die Demonstrationen der Schüler und Studenten am Dienstag bei der Pressekonferenz hingegen mit einem Pilotenstreik. Auch diese würden doch nicht in ihrer Freizeit, sondern während der Arbeit streiken. Luisa Neubauer, eine der Wortführerinnen der Fridays-for-Future-Bewegung, stellte außerdem klar: Man werde solange jeden Freitag streiken, bis auch die FDP verstanden habe, dass sich radikal etwas ändern müsse. Es reiche nicht mehr, Pläne wie das Pariser Klimaabkommen zu beschließen, es müsse ein klarer Handlungswille von Seiten der Politik erkennbar werden. Alles andere sei "klimapolitisch irrelevant", so Neubauer. In letzter Konsequenz bedeutet das aber wohl auch: 12 000 Unterschriften alleine reichen nicht mehr. Die mediale Aufmerksamkeit hilft den Schülern und Studenten aber natürlich trotzdem.

Die Wissenschaftler machten neben ihrer Unterstützung am Dienstag aber auch deutlich, dass sie nicht in erster Linie in ihrer Funktion als Profis Stellung beziehen, sondern vor allem als Privatpersonen. "Das Thema geht uns alle an", sagte Hirschhausen. Dazu passt gut, dass es mittlerweile auch die Bewegung Parents for Future gibt. Auch Eltern wollen nun offenbar immer freitags auf die Straße gehen. Ob in ihrer Freizeit oder während der Arbeit wird sich dann herausstellen.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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