Fünf Sterne und Sozialdemokraten:In Italien zeichnet sich eine neue Regierung ab

Fünf Sterne und Sozialdemokraten: Wohl auch zukünftig der Regierungschef: Premier Giuseppe Conte

Wohl auch zukünftig der Regierungschef: Premier Giuseppe Conte

(Foto: AP)
  • Die Sozialdemokraten wollen in einer Regierung mit der Fünf-Sterne-Bewegung eine neue Phase in der italienischen Politik einleiten.
  • Staatspräsident Mattarella wil am Abend mitteilen, ob er den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt oder Neuwahlen anordnet.
  • Die Frage um die Rolle des bisherigen parteilosen Premiers Conte hatte in den vergangenen Tagen im Zentrum der Verhandlungen beider Parteien gestanden.

Von Andrea Bachstein

Eine Koalition aus den Fünf Sternen und dem sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) wird voraussichtlich Italiens neue Regierung bilden. Das zeichnete sich am Mittwochnachmittag ab. PD-Chef Nicola Zingaretti teilte in Rom Staatspräsident Sergio Mattarella mit, der PD sei bereit, den bisherigen parteilosen Premier Giuseppe Conte auch als künftigen Regierungschef zu akzeptieren. Staatspräsident Sergio Mattarella wollte am Abend mitteilen, ob er nach den tagelangen Konsultationen mit Parlamentsfraktionen und Parteiführern den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt oder Neuwahlen anordnet.

Die Frage um Contes Rolle hatte in den vergangenen Tagen im Zentrum der Verhandlungen beider Parteien gestanden. Fünf-Sterne-Führer Luigi Di Maio hatte auf Conte bestanden. Hingegen hatte PD-Chef Nicola Zingaretti zunächst auf einem anderen Premier beharrt, ein echter Bruch mit der bisherigen Politik sei nur auf diese Weise möglich. Zingaretti sagte nun am Mittwochnachmittag, trotz desselben Premiers müsse es einen Neuanfang geben. Conte hatte beim G-7-Gipfel in Biarritz am Wochenende international Zuspruch erhalten, nicht zuletzt warb US-Präsident Donald Trump für den amtierenden Premier. Auch für Di Maios Verbleib in einer neuen Regierung gibt es offenbar eine Lösung. Der bisherige Vizepremier und Wirtschaftsminister könnte Verteidigungsminister werden.

PD-Chef Zingaretti: Weg in eine neue Regierung sei "kein Spaziergang"

Am Mittwochvormittag stimmte Zingaretti die PD-Spitze auf eine Koalition ein: "Beenden wir die Zeit des Hasses, des Grolls, der Durchtriebenheit, des Egoismus", sagte er. Der Weg in eine neue Regierung sei "kein Spaziergang", aber sie müsse "die Schande des Verhaltens, das die Menschenrechte verletzt und den Rechtsstaat erniedrigt hat, auslöschen". Die Fünf Sterne haben im Abgeordnetenhaus mit 222 von 630 Deputierten doppelt so viele Sitze wie der PD, in der zweiten Parlamentskammer sind sie mit 107 von 319 Senatoren vertreten, der PD mit 51. Zur stabilen Mehrheit bräuchten M5S und PD Unterstützung weiterer Abgeordneter.

Die Regierungskrise hatte vor drei Wochen der bisherige Partner der Fünf Sterne ausgelöst. Der bisherige Vizepremier und Chef der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini, hatte die Koalition für beendet erklärt, um Neuwahlen zu erreichen. In der Folge trat Premierminister Conte am 20. August zurück. Salvini dürfte nun in der Opposition landen.

Die Vermeidung baldiger Neuwahlen wäre auch für die EU ein wichtiges Signal. Unter anderem wäre so die fristgerechte Verabschiedung des italienischen Haushaltsgesetzes gesichert. Zudem wären die Neuverschuldungspläne Salvinis und der Lega zunächst vom Tisch. Auch auf den Finanzmärkten würde sich die Lage des hoch verschuldeten Landes entspannen. Die Aussicht, dass Italien zunächst nicht vor Wahlen steht, ließ die Zinsaufschläge auf italienische Staatsanleihen zuletzt um 170 Punkte sinken. Sie waren nach dem Bruch der Regierung nach oben geschnellt.

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