Führungsstreit in der AfD:Jetzt wird es persönlich

  • Der Führungsstreit innerhalb der AfD wird immer schärfer: Hans-Olaf Henkel fordert in einer internen E-Mail einen der Vorsitzenden, Konrad Adam, zum Rücktritt auf.
  • Der Brandenburger Fraktionschef Alexander Gauland wirft Parteichef Bernd Lucke vor, sich nicht an Terminabsprache zu halten.
  • Grüne und SPD brachten die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ins Gespräch.

Henkel beschimpft AfD-Chef Adam

Der Führungsstreit in der Alternative für Deutschland (AfD) eskaliert immer mehr. Jetzt tauchte eine weitere interne E-Mail auf, in der Vizechef Hans-Olaf Henkel einen der drei Vorsitzenden, Konrad Adam, persönlich beschimpft und zum Rücktritt auffordert. "Ich hoffe, der letzte Akt wird bald aufgeführt und Sie treten von der Bühne", schrieb Henkel Ende des Jahres an Adam, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet.

Adam sei von Ehrgeiz zerfressen und versuche mit "immer größerer Energie", Parteichef Bernd Lucke ein Bein zu stellen. Doch könne Adam Lucke "nicht im Entferntesten" das Wasser reichen. "Sie sind total von der Rolle und merken es offensichtlich nicht einmal", schreibt Henkel.

Die beiden gleichberechtigten Vorsitzenden Luckes, Adam und Frauke Petry, stemmen sich gegen dessen Pläne, sich über eine Satzungsänderung den Posten des alleinigen Vorsitzenden zu sichern. Henkel unterstützt Lucke, das bekannteste Gesicht der AfD.

Gauland unzufrieden mit Terminabsprachen

Der mächtige Brandenburger Fraktionschef Alexander Gauland hingegen warf Lucke in der Welt am Sonntag vor, sich dem Gespräch mit seinen Kritikern zu verweigern. Gauland sagte der Zeitung, es sei mehrmals versucht worden, die Differenzen über die Führungsstruktur im Vier- oder Sechs-Augen-Gespräch mit Lucke zu klären. "Nie kam eine Terminabsprache mit ihm zustande." Darum hätten die Kritiker einen Brief geschrieben.

Der Brief war am Samstag bekannt geworden. In dem Schreiben, das der SZ vorliegt, drücken die Vorstandsmitglieder Adam, Gauland und Petry, der NRW-Landesvorsitzende Marcus Pretzell und die Europaabgeordnete Beatrix von Storch ihre Verärgerung über Luckes "Alleingang" aus. Die Absender beschweren sich darin über seinen Führungsstil "nach Gutsherrenart". Und über Luckes angeblichen Versuch, Funktionsträger der Partei "auf Linie zu bringen". Eine Hierarchie nach dem Vorbild der etablierten Parteien lehnen sie ab. Er, Lucke, solle sich künftig bitte nur zur Euro-Rettungspolitik äußern - und andere Themen wie Zuwanderung, den Ukraine-Konflikt oder die Angst vor der "Islamisierung" Deutschlands gefälligst anderen Parteimitgliedern überlassen, die dafür besser geeignet seien.

Nach Informationen der Welt kanzelte Lucke seine beiden Co-Sprecher Konrad Adam und Frauke Petry im zurückliegenden Jahr mehrmals schroff ab. Statt auf deren Bitte um eine Aussprache im Streit über die künftige Satzung der Partei einzugehen, habe Lucke die Kreisvorsitzenden zu einer gesonderten Konferenz nach Frankfurt eingeladen.

Machtkampf entscheidet über Zukunft der Partei

Der parteiinterne Machtstreit bei der Partei der Euro-Kritiker gärt seit Wochen. Ob Lucke den alleinigen Vorsitz übernehmen wird, darüber soll der mit Spannung erwartete Parteitag in Bremen Ende Januar entscheiden. Sollten die Mitglieder die von ihm favorisierte Führungsstruktur mit nur einem Vorsitzenden und drei Stellvertretern ablehnen, ist zu erwarten, dass Lucke bei der Wahl des neuen Bundesvorstandes Anfang April nicht mehr kandidieren wird.

Dann hätte die AfD ein Problem. Denn Lucke ist das Gesicht der Partei. Das wissen auch seine parteiinternen Gegenspieler, die Lucke nun vor einem von Lucke geplanten Treffen mit den Kreisvorsitzenden am 18. Januar in Frankfurt am Main um ein klärendes Gespräch gebeten haben. Ihre Botschaft: "Wir stehen nach wie vor zu Ihnen als einem von drei Sprechern." Doch was passiert, wenn Lucke im Zorn das Handtuch wirft? Vor allem liberale Mitglieder befürchten, dass die AfD ohne ihn weiter nach rechts abdriften könnte. Dafür, dass die Sorge vor "Überfremdung" zum zentralen Thema der Partei wird, gibt es schon Anzeichen - vor allem in Ostdeutschland. Der Auftritt des Brandenburger AfD-Chefs Alexander Gauland am Rande einer Demonstration der Anti-Islam-Bewegung Pegida in Dresden wurde von einigen Kommentatoren noch als einmaliger unanständiger "Flirt" der Partei mit dem rechten Rand der Gesellschaft gewertet. Für den 7. Januar hat jedoch die Fraktionsvorsitzende der AfD im sächsischen Landtag, Frauke Petry, die Pegida-Organisatoren zu einem Gedankenaustausch in ihr Büro im Landtag eingeladen - was von der Linkspartei heftig kritisiert wird.

Grüne und SPD diskutieren Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz

Ginge es nach Grünen und SPD, sollte die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Die AfD scheine sich "zur Partei des rechten Ressentiments" zu entwickeln, erklärte der Grünen-Innenexperte Volker Beck. Der Verfassungsschutz müsse prüfen, ob die AfD nicht die "rote Linie zum Beobachtungsobjekt, zumindest bei Teilorganisationen, überschritten hat". Auch SPD-Vize Ralf Stegner schloss eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz nicht aus. In erster Linie sei es aber eine politische Frage, sich mit der AfD sowie mit der Pegida-Bewegung auseinanderzusetzen, sagte er Handelsblatt-Online.

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