Führungsdebatte in der Linkspartei:Wer die Linke führen will - und wer es kann

Gesine Lötzsch macht den Weg frei für eine neue Linken-Spitze. Wagt sich nun Sahra Wagenknecht aus der Deckung, die bislang eher heimlich um den Führungsposten buhlte. Und was ist mit Oskar Lafontaine? Die Linke sucht eine neue Führung. Die Kandidaten im Überblick.

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Auf dem Parteitag im Juni wollte Gesine Lötzsch noch einmal kandidieren. Doch nun macht sie den Weg frei für eine neue Linken-Spitze. Wagt sich nun Sahra Wagenknecht aus der Deckung, die bislang eher heimlich um den Führungsposten buhlte. Und was ist mit Oskar Lafontaine? Die Linke sucht eine neue Führung - viele Mitglieder fordern eine schnelle Entscheidung. Wer will, wer kann? Die Kandidaten im Überblick. Laut Plan sollte ein Parteitag erst im Juni 2012 einen neuen Vorstand wählen. Diskutiert wurde aber schon vor Lötzsch' Rücktritt über eine Mitgliederbefragung. Fast sicher ist immerhin, dass wieder ein Duo die Partei führen soll: eine Frau und ein Mann, die jeweils Ost oder West repräsentieren sowie am besten auch die Hauptströmungen der Partei.

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Klaus Ernst, 56, ist wie seine Ko-Vorsitzende in der Partei umstritten, wobei sich die Empörung über den Lebensstil des Porsche-Fahrers in Grenzen hält. Kritik an Doppeleinkünften als Vorsitzender und Abgeordneter ist er mit dem Verzicht auf einen Teil der Bezüge entgegengetreten. Bis heute fremdelt der Bayer aber in wichtigen Milieus der Partei. Für Ärger sorgen seine gelegentlichen Wutausbrüche. Der einstige Bezirksbevollmächtigte der IG-Metall in Schweinfurt gehört zum Gewerkschaftsflügel der Partei. Er hat einen guten Draht zu Oskar Lafontaine. Dessen erneuter Kandidatur stünde Ernst mit Sicherheit nicht im Wege.

Führungsdebatte in der Linkspartei

Lafontaine

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Oskar Lafontaine, 68, ist offiziell nur Chef der Linksfraktion im Saarland und der Internationalen Kommission der Partei. Seine Autorität aber reicht viel weiter, wie sich auf dem Programmparteitag in Erfurt wieder gezeigt hat. Nach einer Krebserkrankung, die zum Rückzug aus Berlin geführt hatte, fühlt sich Lafontaine mittlerweile wieder gut. Seine Bewerbung würde die Personaldebatte vermutlich auf einen Schlag beenden. Ihr aber steht mindestens die Satzung entgegen, die Lafontaine nach jetziger Fassung zwingen würde, den Vorsitz zu teilen. In der Linken wird gemunkelt, Lafontaine sehne sich viel eher als nach der Parteiführung nach der Rückkehr in den Bundestag. 

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Sahra Wagenknecht, 42, galt schon lange als Kandidatin für das Amt. Vergangenes Jahr hatte sie bereits Chefin der Bundestagsfraktion neben Gregor Gysi werden wollen. Der konnte das verhindern und schlug die Lebensgefährtin von Oskar Lafontaine stattdessen als eine von zwei "ersten stellvertretenden" Fraktionsvorsitzenden vor. Wäre Wagenknecht als Chefin der Fraktion kaum noch für den Parteivorsitz in Frage gekommen, so bleibt ihr diese Option nun erhalten. Mit ihrer Erklärung, lieber weiterhin Bücher schreiben zu wollen, hat sie derartige Spekulationen in der Partei zumindest nicht wirksam beendet. Für Wagenknecht sprechen ihre mediale Präsenz und ihr professionelles Auftreten. Zielstrebig ist das langjährige Mitglied der Kommunistischen Plattform in der Partei von der Außenseiterin zu einer Frau mutiert, der fast alles zugetraut wird. Politisch ist Wagenknecht immer noch fest verankert im radikalen Flügel der Linken. Ihr müsste folglich ein Reformer zur Seite stehen.

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Dietmar Bartsch, 53, wäre so ein Reformer. Zu Zeiten der PDS war der langjährige Bundesgeschäftsführer der unumstrittene kommende Mann. Bis heute genießt er in den ostdeutschen Landesverbänden Autorität. Geschadet hat Bartsch das feindselige Verhältnis zwischen ihm und Lafontaine. Wegen angeblicher Intrigen gegen den Saarländer hatte Gysi Bartsch zu Beginn des vergangenen Jahres entmachtet. Ein Führungsduo aus der von Lafontaine protegierten Wagenknecht und Bartsch könnte einen Strich unter den alten Streit ziehen, würde aber beiden vermutlich eine Menge Selbstbeherrschung abverlangen.

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Matthias Höhn, 36, hat hingegen schon erfolgreich mit Wagenknecht zusammengearbeitet. Beide waren Mitglieder der Redaktionskommission für das neue Grundsatzprogramm und haben maßgeblich für Kompromisse zwischen den Flügeln gesorgt. Auf dem Parteitag in Erfurt hielten sie ihre Leute bei der Stange, was schließlich für eine Zustimmung von 96,9 Prozent der Delegierten sorgte. Als Vorsitzender würde Höhn einen Generationswechsel markieren. Er ist aber bundesweit über seine Partei hinaus kaum bekannt. Im Gespräch ist er auch für das Amt des Bundesgeschäftsführers.

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Stefan Liebich, 38, ist als Mitglied des Forums Demokratischer Sozialismus ebenfalls ausgewiesener Reformer und wird gelegentlich auch als möglicher Kandidat genannt. Der Bundestagsabgeordnete aus Berlin steht im Ruf eines gewissenhaften Parlamentariers und soll auch Lafontaine positiv aufgefallen sein. Von der Parteilinie abweichend, schließt Liebich bewaffnete UN-Einsätze der Bundeswehr nicht kategorisch aus. Das macht seine Wahl zum Vorsitzenden eher unwahrscheinlich.

© SZ vom 28.10.11 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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