Führungsdebatte bei den Grünen:Künast will Spitzenkandidatin werden

Konkurrenz für Claudia Roth und Jürgen Trittin: Nach langem Schweigen geht Renate Künast in die Offensive und kündigt ebenfalls ihre Kandidatur für das Grünen-Spitzenduo zur Bundestagswahl 2013 an. Damit wird es zu einer Kampfabstimmung kommen.

Robert Roßmann und Michael Bauchmüller, Berlin

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, will ihre Partei in die Bundestagswahl 2013 führen. Künast sagte in einem Interview der Süddeutschen Zeitung: "Ich bewerbe mich, eine der beiden Spitzenkandidaten zu werden." Sie wolle damit "einen Beitrag dazu leisten, dass die Grünen ihr Spitzenergebnis von 2009 noch einmal toppen" und auf diese Weise "die schwarz-gelbe Koalition ablösen" können. In der Partei war seit Monaten über eine Kandidatur spekuliert worden, die 56-Jährige war den Fragen aber immer ausgewichen.

Herbstklausur der Grünen

Bei den Grpünen droht eine Kampfabstimmung nachdem Renate Künast ihre Kandidatur für das Spitzenduo zur Bundestagswahl 2013 angekündigt hat.

(Foto: dpa)

Künasts Kollege an der Fraktionsspitze, Jürgen Trittin, hatte bereits vor eine Woche seine Bereitschaft zur Kandidatur verkündet. Da auch Parteichefin Claudia Roth antreten will, können die Grünen ihr Spitzen-Duo nun aus mehreren Bewerbern wählen.

Im vergangenen Herbst hatte Künast enttäuscht

Am Freitagnachmittag hob auch noch Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt den Finger: Sie wolle gerne Mitglied eines "Spitzenteams" werden, ließ sie auf ihrer Homepage wissen. Allerdings schließen sowohl Trittin als auch Künast ein solches, größeres Team aus. Sie bewerbe sich, "eine der beiden Spitzenkandidaten" zu werden, sagte Künast der SZ. "Es geht um eine Funktion auf Zeit, bei der zwei Köpfe weiter vorne stehen und motivieren müssen."

Lange war unklar, ob Künast noch einmal Spitzenkandidatin werden will. Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im vergangenen Herbst hatte Künast als Spitzenkandidatin die großen Erwartungen enttäuscht. Statt die SPD zu überflügeln und die Regierende Bürgermeisterin zu stellen, landeten die Grünen in der Opposition. Selbst im eigenen Realo-Lager wurde Künast in der Folge scharf kritisiert. Im Interview spricht sie nun auch über diese Zeit. "Da gab es einiges zu verdauen", sagt Künast. "So was erledigt sich nicht in 14 Tagen." Nun aber sei sie "an Erfahrung reicher und hoch motiviert".

Mit Künast und Göring-Eckardt haben sich erstmals Politikerinnen des Realo-Flügels für die Spitzenrolle beworben. Trittin und Roth gehören beide dem linken Lager an. In einer Partei, die sorgsam nach Geschlecht und Flügelzugehörigkeit austariert, hatte die Aussicht auf ein rein linkes Spitzen-Duo in den vergangenen Wochen für erheblichen Ärger gesorgt.

Einen neuen Lagerkonflikt wollen aber sowohl Künast als auch Göring-Eckardt vermeiden. "Ich führe das nicht als Flügeldebatte", sagte Künast jetzt. "Es geht darum, dass die Partei eine faire Auswahl hat." Und Göring-Eckardt betonte wortreich die großen Linien, über die sich die Partei "flügelübergreifend einig" sei.

"Zwischen uns und der FDP liegen Welten"

Nichtsdestoweniger wirbt Künast für sich mit klassischen Anliegen des Realo-Flügels: "Die Leute wollen nicht nur Visionen, sondern auch Antworten auf konkrete Fragen ihres Lebens: Wo finde ich Arbeit? Wie finanziere ich mein Leben? Wie gut sind die Bildungsangebote? Wie gut funktioniert die Gemeinde, in der ich wohne? Wie kann ich gesund leben? Die Menschen brauchen eine Grundstruktur, auf die sie vertrauen können."

Von einer schwarz-grünen Koalition mit der Union, die vor der Berlin-Wahl im Herbst 2011 lange als möglich galt, hält Künast auf Bundesebene wenig. Es gebe "keine Andockstelle für Gemeinsamkeiten". Auch eine Ampelkoalition mit SPD und FDP hält sie für chancenlos: "Zwischen der FDP und uns liegen Welten." Ziel sei ein Regierungsbündnis mit der SPD.

Wer die Grünen in den Wahlkampf führt, wird sich nicht so rasch entscheiden. . Am 2. September soll der Länderrat der Partei entscheiden, ob die Spitzenkandidaten per Urwahl oder auf einem Parteitag bestimmt werden. Noch bis Ende August können sich weitere Kandidaten melden. Göring-Eckardt fordert den Länderrat allerdings auf, statt eines Duos ein Spitzenteam zu beschließen. Dies helfe, "Lähmung und Selbstbeschäftigung zu beenden". Wenn es nicht anders gehe, wolle sie sich aber auch einer Urabstimmung "nicht verweigern".

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