Süddeutsche Zeitung

Früherer Justizminister:Hans Engelhard gestorben

Bedächtig und freundlich: Der frühere Justizminister galt als ausgleichender Politiker. Am frühen Dienstagabend teilte Guido Westerwelle den Tod des 73 Jahre alt gewordenen Parteifreundes mit.

Helmut Kerscher

Mit seiner bedächtigen, freundlichen Art wirkte Hans A. Engelhard im Kreis der Bonner Politik wie ein Exot. Hektik und Schärfe waren ihm so wesensfremd, dass die überraschende Berufung des FDP-Bundestagsabgeordneten zum Bundesjustizminister im Jahr 1982, zu Beginn der Kohl/Genscher-Regierung, von vielen als Übergangslösung angesehen wurde.

Sie sollten sich gründlich täuschen. Engelhard kam auf die längste Amtszeit aller Bundesjustizminister, als er im Dezember 1990 auch wegen seiner angeschlagenen Gesundheit den Dienst quittierte.

Der 1934 geborene Sohn eines Münchner Arztehepaars mit Schweizer Vorfahren ließ sich nach seinem Jura-Studium als Rechtsanwalt nieder. Er trat mit 20 Jahren in die FDP ein, zog für sie in den Münchner Stadtrat ein, wurde Fraktionsvorsitzender und kandidierte im Jahr 1972, erwartungsgemäß erfolglos, bei der Oberbürgermeister-Wahl.

Im selben Jahr wechselte er als Bundestagsabgeordneter nach Bonn. Dort erwarb sich der zum konservativen FDP-Flügel zählende Engelhard schnell einen Ruf als solider Fachmann. Obwohl er mit dem Reformkurs seiner Parteifreunde Burkhard Hirsch und Gerhart Baum wenig anfangen konnte, setzte er als Justizminister doch in Maßen die traditionell liberale Linie des Hauses fort.

Insbesondere bei der von der CDU/CSU und ihrem Innenminister Friedrich Zimmermann forcierten Verschärfung des "Demonstrationsstrafrechts", etwa des Vermummungsverbots oder des Verbots der passiven Bewaffnung, wusste sich Engelhard zu wehren.

Nach der Wiedervereinigung wurde er zum "Justitiar der Vereinigung". Am frühen Dienstagabend teilte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle den Tod des 73 Jahre alt gewordenen Parteifreundes mit. Er würdigte ihn als einen Politiker, der für die innere Sicherheit eingetreten sei, ohne die Bürgerrechte zu vernachlässigen.

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SZ vom 12.03.2008/grc
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