Süddeutsche Zeitung

Früherer Flick-Manager:Eheleute Brauchitsch nahmen sich das Leben

Die Schlüsselfigur des Flick-Skandals Eberhard von Brauchitsch und seine Frau Helga sind freiwillig aus dem Leben geschieden. Inzwischen meldete sich eine Tochter zu Wort.

Gemeinsamer Freitod in Zürich: Der frühere Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch und seine Frau Helga sind freiwillig aus dem Leben geschieden. "Mit fortschreitender Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustandes haben meine Eltern diesen Schritt in Erwägung gezogen und dann zum für sie geeigneten Zeitpunkt diesen Schritt getan", sagte die Tochter Bettina von Brauchitsch dem Magazin Focus. "Aufgrund ihrer schweren Krankheit wären sie zu dem von ihnen gefassten Entschluss später nicht mehr in der Lage gewesen."

Das Ehepaar war den Angaben zufolge bereits am vergangenen Dienstag in Zürich gestorben, deren Tod wurde aber erst am Freitag durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung publik.

Die Eheleute waren 83 Jahre alt und fast sechs Jahrzehnte verheiratet, zuletzt hatten sie sehr zurückgezogen gelebt. In einer Todesanzeige der Familie in der SZ an diesem Samstag heißt es, Eberhard und Helga von Brauchitsch "haben uns nach langen, mit großer Geduld und Disziplin ertragenen Krankheiten nach 58 Jahren Ehe für immer verlassen".

Unterstützung von Sterbehilfe-Organisation

Brauchitsch galt als die zentrale Figur der Flick-Affäre, die Anfang der 80er Jahre die Bundesrepublik erschütterte.

Tochter Bettina von Brauchitsch berichtete nun, ihre Mutter habe an stark fortgeschrittenem Parkinson gelitten, ihr Vater an einem Emphysem, einer Überblähung der Lunge. "Meine Eltern kannten sich 70 Jahre", sagte sie. "Sie waren fast 60 Jahre verheiratet, haben ihren Lebensweg mit allen Höhen und Tiefen gemeinsam verlebt und somit für sich entschieden, auch den letzten Weg gemeinsam zu gehen."

Nach Informationen der Bild-Zeitung wurde das Ehepaar von der Schweizer Sterbehilfeorganisation Exit unterstützt. Der Vizepräsident von Exit, Bernhard Sutter, wollte sich aus Datenschutzgründen nicht zu dem Fall äußern. Grundsätzlich helfe seine Organisation aber nur Schweizer Bürgern "oder Menschen, die in der Schweiz einen Wohnsitz haben", sagte Sutter der dpa. Brauchtisch lebte abwechselnd in Monaco, Österreich und in der Schweiz.

Brauchitsch zählte zu den einflussreichsten Industriellen der Bundesrepublik. Er galt aber vor allem als eine der Schlüsselfiguren in der Flick-Parteispendenaffäre, die in den 80er Jahren das Land erschütterte. Damals wurden verdeckte Geschenke und Spenden an Politiker und Parteien bekannt. Es bestand der Verdacht, dass die Zuwendungen im Zusammenhang mit Steuerbegünstigungen standen.

Der damalige Generalmanager des Flick-Konzerns hatte rund 26 Millionen D-Mark an Parteien, Stiftungen und zahlreiche Politiker verteilt.

Zu den Empfängern des Geldes gehörten auch der frühere Wirtschaftsminister Hans Friderichs und sein Nachfolger Otto Graf Lambsdorff (beide FDP). Lambsdorff musste in der Folge zurücktreten. Die beiden Ex-Minister und von Brauchitsch wurden 1987 wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt. Brauchitsch wurde später wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldbuße verurteilt. Vom Anklagepunkt der Bestechung wurde er freigesprochen. Ihm wird auch die noch heute im Zusammenhang mit der Affäre bekannte Aussage von der "Pflege der Bonner Landschaft" zugeschrieben.

Wirtschaftslenker nach der Wiedervereinigung

Der Ex-Manager nahm auch zahlreiche weitere Positionen in der deutschen Wirtschaft ein. Nach seiner Zeit beim Flick-Konzern arbeitete er unter anderem als Unternehmensberater. Nach der Wiedervereinigung wurde er Aufsichtsratsvorsitzender des ostdeutschen Chemie-Konzerns Buna.

Brauchitsch und seine Frau hinterlassen drei Töchter und einen Sohn sowie mehrere Enkel.

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