Frühere US-Außenministerin veröffentlicht Memoiren:Condoleezza Rice schlägt zurück

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Gerne erinnert sich Condoleezza Rice an den Charme des französischen Präsidenten Sarkozy. Jetzt auch ganz offiziell in ihren Memoiren. In dem 700-Seiten-Wälzer bekräftigt die einstige US-Außenministerin, dass Amerikas Einmarsch in den Irak richtig war. Fehler bestreitet sie nicht - sucht die Schuld aber bei ihren Erzgegnern Cheney und Rumsfeld.

Christian Wernicke

Condoleezza Rice träumt gern. Und einer, der es wohl verstand, die Phantasie dieser an sich hartgesottenen Realpolitikerin und früheren US-Außenministerin anzuregen, war Nicolas Sarkozy. "Ich liebe diese Frau", habe Frankreichs Präsident gehaucht, "wann immer ich ihn traf", erzählt Rice.

Anfang November erscheint "No higher Honor", die Memoiren der früheren US-Außenministerin Condolezza Rice. (Foto: AFP)

In ihren Memoiren "No higher Honor", die Anfang November als opulentes, 734 Seiten dickes Buch erscheinen, lässt sie dann ihren Träumen freien Lauf: "Ich konnte nicht umhin zu denken: Wie anders wäre es gewesen, hätten wir das Problem Saddam Hussein mit Sarkozy angehen können anstelle von (Jacques) Chirac im Elysée-Palast und mit Angela Merkel statt Gerhard Schröder in Berlin." Es war anders, anno 2003.

Aber Memoiren, zumal politische, schreiben keine wahre Geschichte. Geschichtsschreibung ist Sache der Historiker, und Staatsmänner wie -frauen mühen sich mehr oder weniger redlich, mit subjektiven Erinnerungen das Bild für die Nachwelt so zu färben, das die Deuter der Zeitläufte später ihr Tun in wohlwollenden Farben malen.

Amerikas Einmarsch in den Irak hält Condoleezza Rice nach wie vor für richtig. Ja, die Stanford-Professorin sieht den US-Krieg angesichts der Volksaufstände gegen arabische Diktatoren mehr denn je gerechtfertigt. Nichts anderes als ein solcher Ausbruch von Freiheit und Demokratie habe Präsident George W. Bush erreichen wollen: "Wir haben die Freedom-Agenda nicht nur verfolgt, weil sie richtig war, sondern auch, weil sie nötig war."

Das ist die große, unbeirrte Linie. Im Detail erkennt Rice an, die Bush-Regierung habe sich bei der Umsetzung des Irak-Kriegs oder des "Global War on Terror" durchaus eine Menge Versäumnisse zuschulden kommen lassen. Diese Fehler sucht und findet Rice vor allem bei anderen, bei den Erzgegnern Dick Cheney und Donald Rumsfeld.

Der Ex-Vizepräsident und der frühere Verteidigungsminister haben ihre memorierten Geschichts-Version schon auf den Markt gebracht - und Condi als "naiv und irreführend" (Cheney) respektive als überforderte Bush-Vertraute denunziert, die "Konflikte nur übertüncht" habe (Rumsfeld).

Jetzt schlägt Rice zurück. Beiden Herren wirft sie vor, sie hätten die Probleme einer Besetzung des Iraks mit zu wenigen US-Soldaten völlig unterschätzt. Rumsfeld mauerte, auf ihr Drängen habe dann sechs Wochen vor Kriegsbeginn endlich eine Krisensitzung stattgefunden. Aber Bush habe gleich zu Beginn signalisiert, er sei nicht wirklich interessiert: "Dies ist etwas, worüber Condi reden wollte", habe der Präsident zur Einführung gesagt. Rice war frustriert: "Ich konnte sofort sehen, dass die Generäle nicht länger dachten, dies sei eine ernsthafte Frage."

Das Meeting scheiterte, hernach flüsterte Rice' Stellvertreter Stephen Hadley ihr zu, er wäre "nach so einem Kommentar des Präsidenten zurückgetreten". Rice, die Konfidentin, blieb, sah den Irak beinahe zerfallen und erwog den Rücktritt: "Ich grübelte, ob Steve recht gehabt hatte." Besser geworden sei alles erst, als Robert Gates 2006 das Pentagon übernahm. Will sagen: Als Rummy weg war.

Auch Cheney bekommt sein Fett weg. Der Vize "und seine Ultra-Falken" hätten hinter ihrem Rücken 2001 bei Bush durchgesetzt, die Militärkommissionen zur Aburteilung mutmaßlicher Terroristen ins Leben zu rufen. Auch damals erwog sie die Demission. Sie blieb, und bekam 2006 ihre Revanche: Da habe Cheney dagegen gewettert, Ober-Terrorist Khalid Scheich Mohammed und andere al-Qaida-Männer aus CIA-Geheimlagern nach Guantanamo zu bringen. Dank Rice' Memoiren weiß nun alle Welt, wem Bush damals recht gab.

© SZ vom 25.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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