Zum Tod von Margot FriedländerSteinmeier: "Ich trauere um eine tief beeindruckende Frau"

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Margot Friedländer, geboren 1921, engagierte sich gegen das Vergessen des Holocaust.
Margot Friedländer, geboren 1921, engagierte sich gegen das Vergessen des Holocaust. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Die Holocaust-Überlebende ist im Alter von 103 Jahren gestorben. Bis zuletzt erinnerte sie als Zeitzeugin an die Verbrechen des Nationalsozialismus.

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist tot. Sie starb am Freitag im Alter von 103 Jahren, wie die Margot-Friedländer-Stiftung mitteilte. Ihre Mutter, ihr Bruder und ihr Vater wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet, sie selbst überlebte das KZ Theresienstadt. Bis zuletzt war sie als Zeitzeugin in Schulen und bei Veranstaltungen aktiv.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte ihre Verdienste. „Ich trauere um eine tief beeindruckende Frau, die mir auch persönlich ihre Freundschaft geschenkt hat“, ließ er mitteilen. „Sie hat unserem Land Versöhnung geschenkt – trotz allem, was die Deutschen ihr als jungem Menschen angetan hatten. Für dieses Geschenk können wir nicht dankbar genug sein“, erklärte Steinmeier. Eigentlich sollte Friedländer von ihm am Freitag das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik verliehen bekommen. Friedländer hatte bereits 2011 das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten, eine niedrigere Stufe des Ordens.

Bundeskanzler Friedrich Merz bezeichnete Friedländer als „eine der stärksten Stimmen unserer Zeit“. Sie sei damit für ein friedliches Miteinander, gegen Antisemitismus und Vergessen eingetreten, erklärte der CDU-Politiker auf der Plattform X. „Sie hat uns ihre Geschichte anvertraut. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, sie weiterzutragen. Wir trauern mit ihrer Familie und Freunden.“

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner würdigte Friedländers Erinnerungsarbeit. „Ihre Menschlichkeit und ihre Botschaften bleiben für uns Verpflichtung“, schrieb er auf X.

„Eine Gesellschaft ohne sie ist für mich kaum vorstellbar“, erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. „Margot Friedländers Tod zeigt uns die Vergänglichkeit der Erinnerung; er verweist auf die große Verantwortung, die wir gegenüber dieser mutigen und starken Frau und ihrer ganzen Generation haben.“

Friedländer wurde 1921 in Berlin als Margot Bendheim in eine jüdische Familie geboren, die später im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Sie selbst konnte dank vieler Helfer zunächst untertauchen, wurde dann aber gefasst und ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Sie überlebte und ging nach dem Krieg zusammen mit ihrem Mann Adolf Friedländer nach New York. Erst im hohen Alter kehrte sie zurück nach Deutschland und lebte seit 2010 wieder in Berlin.

Dort engagierte sie sich unermüdlich gegen das Vergessen, hat ihre Geschichte veröffentlicht und sprach als Zeitzeugin in Schulen. Ein Preis für Schüler-Projekte zum Holocaust und zur heutigen Erinnerungskultur trägt ihren Namen. Im Juni 2018 - mit 96 Jahren - wurde sie Berliner Ehrenbürgerin, zu ihrem 100. Geburtstag erschienen ein Interviewbuch und ein Bildband. Im Herbst 2023 widmete das ZDF ihr ein Dokudrama - da lag die Pogrom-Nacht von 1938 85 Jahre zurück.

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Wenige Holocaustüberlebende haben so ausdauernd gegen das Vergessen angeredet wie Margot Friedländer. Keine haben die Deutschen so vereinnahmt. Jetzt ist sie mit 103 Jahren gestorben. Ausgerechnet in diesen Zeiten.

SZ PlusVon Johanna Adorján

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