Friedensvermittlung in Ägypten:Die unglückliche Mission des John McCain

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Eine friedliche Lösung für den Konflikt in Ägypten - darum bemühen sich Vermittler aus aller Welt seit Wochen. Nun erklärt die Übergangsregierung die Versuche für gescheitert. US-Präsident Obama scheitert mit seinem Versuch, der Diplomatie in Ägypten mit zwei Republikanern zu helfen. Die haben in Kairo alles noch schlimmer gemacht.

Von Benjamin Romberg

Am Ende wagte John McCain noch eine Expedition ins Tierreich, um auch wirklich jedem der anwesenden Reporter seinen Standpunkt klarzumachen. Mit seinem Kollegen und Reisegefährten Lindsey Graham gab der republikanische Senator am Dienstag eine Pressekonferenz im Four Seasons Hotel in Kairo. Und obwohl beide bereits mehrmals betont hatten, dass die Absetzung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär aus ihrer Sicht ein Putsch gewesen sei, fragten die internationalen Journalisten weiter nach ihrer Definition eines solchen Putsches. Darauf sagte McCain: "Ich bin nicht hier, um das Lexikon durchzugehen. Wenn etwas wie eine Ente läuft und wie eine Ente quakt, dann ist es eine Ente".

Dieser zoologischen Definition würden vermutlich auch US-Präsident Barack Obama und sein Außenminister John Kerry zustimmen. Dennoch bewertet die US-Regierung die Entwicklungen in Ägypten anders: Anfang August hatte Kerry das Handeln der ägyptischen Armee legitimiert - und bewusst nicht von einem Putsch gesprochen. Letztlich sei "nur die Demokratie wiederhergestellt" worden.

Bekanntlich hatte das Militär nach mehrwöchigen Protesten Anfang Juli den islamistischen Präsidenten Mursi abgesetzt und die Kontrolle über das Land übernommen. Mursi wird seither an einem unbekannten Ort festgehalten. In den Wochen nach dem Umsturz kam es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Mursi nahestehenden Muslimbrüdern und der Armee. Hunderte Menschen starben.

Putsch oder nicht Putsch? Diese Frage spielt für die USA nun eine entscheidende Rolle. Würde die Regierung die Machtübernahme des Militärs als Putsch werten, müsste sie die etwa eine Milliarde Euro, die jährlich an Militärhilfen aus Washington nach Kairo fließen, nach geltendem US-Recht einstellen.

Das Bemerkenswerte - und auch Verwirrende - an den widersprüchlichen Statements von Außenminister Kerry und John McCain: Der republikanische Senator aus Arizona und sein Freund Graham, der South Carolina vertritt, sind im Auftrag von Obama nach Kairo gereist. Der US-Präsident hatte sie darum gebeten. Laut Graham sprachen die Senatoren erstmals bei einem Besuch im Weißen Haus am 17. Juli mit dem Präsidenten über die Reise.

McCain und das "Dreieck der Macht"

Zwangsläufig drängen sich Fragen auf: Warum schickt Obama zwei Republikaner nach Ägypten und wieso vertreten diese offen eine andere Position als der eigene Chefdiplomat? Und warum bittet Obama ausgerechnet McCain um Hilfe?

Die beiden Politiker waren erbitterte Rivalen im Präsidentschaftswahlkampf 2008. Am Ende musste sich McCain geschlagen geben - und Obama wurde der erste schwarze Präsident in der Geschichte der USA. Inzwischen hat Obama seine zweite Amtszeit angetreten. Und das Verhältnis zu McCain hat sich deutlich verbessert. In einem Interview mit Talkshow-Moderator Jay Leno sagte der Präsident kürzlich: "So läuft das in einer klassischen romantischen Komödie. Am Anfang kommst du nicht klar mit dem anderen und dann läuft man sich gegenseitig in die Arme."

Tatsächlich geht es im Verhältnis der beiden Männer aber wohl weniger um persönliche Sympathien als um inhaltliche Aspekte. Während sich Obama und seine Demokraten mit den meisten Republikanern in scheinbar unlösbaren Grabenkämpfen aufreiben, hat sich auch oder vor allem dank McCain in jüngster Zeit etwas bewegt in der US-Politik.

McCain agiert als Vermittler zwischen den Fronten, so wirkt es. Seine Allianz mit dem demokratischen Senator Chuck Schumer und Denis McDonough, Stabschef im Weißen Haus, wird von Washingtoner Insidern schon zum neuen "Dreieck der Macht" erhoben. Die Bilanz der vergangenen Wochen kann sich sehen lassen: Die Vermittlungsbemühungen haben unter anderem ein neues Einwanderungsgesetz hervorgebracht. Sogar eine Lösung des festgefahrenen Haushaltstreits ist wieder näher gerückt.

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