Friedensnobelpreis:Obama Superstar

Mit dem Nobelpreis für den US-Präsidenten Barack Obama verteilt das Osloer Komitee Vorschusslorbeeren. Die Juroren würdigen Visionen, nicht Taten - und das geben sie auch zu.

Barbara Vorsamer

Eine der häufig gestellten Fragen im Vorfeld der Verleihung des Friedensnobelpreis ist: Ist es eine Voraussetzung für den Preis, dass der Einsatz für den Frieden bereits Erfolg gezeigt hat? Die Antwort darauf lautet: Viel häufiger wird er verliehen, um die Preisträger zum Durchhalten zu ermutigen - manchmal zu einem für sie kritischen Zeitpunkt.

Friedensnobelpreis: Noch immer mehr Messias als Macher: US-Präsident Barack Obama

Noch immer mehr Messias als Macher: US-Präsident Barack Obama

(Foto: Foto: AFP)

Selten war das so wahr wie in diesem Jahr: Der Friedensnobelpreis 2009 geht an den US-Präsidenten Barack Obama. Der ist zwar nicht mehr "der neue US-Präsident" - aber auch noch kein Jahr im Amt.

Der norwegische Komiteechef Thorbjörn Jagland begründete die Verleihung trotz der noch sehr kurzen Präsidentschaft so: "Wie sich das internationale Klima durch ihn verändert hat, ist schon mehr als Grund, ihm den Friedensnobelpreis zu verleihen."

Jagland meinte weiter, das Komitee habe schon immer versucht, noch nicht abgeschlossene Entwicklungen für den Frieden zu fördern. Das sei auch bei den Vergaben an Bundeskanzler Willy Brandt und an den damaligen sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow der Fall gewesen.

Das mag bei Willy Brandt zutreffen. Der deutsche Bundeskanzler bekam den Preis 1971 für seine Ostpolitik, und damit bevor diese ihre positive Wirkung zeigte. Der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow jedoch wurde 1990 geehrt, also nachdem er seine innenpolitische Reformen unter den Schlagworten "Glasnost" und "Perestroika" durchgesetzt hatte und nach seinen diplomatischen Initiativen, die letzten Endes zur Maueröffnung und der Wiedervereinigung Deutschlands beitrugen.

Im Vergleich dazu steht Obama völlig am Anfang. Seine Außenpolitik besteht bislang fast ausschließlich aus mutigen Visionen. Oft wird sie als Symbolpolitik abqualifiziert. Doch ist nicht ein großer Teil von Politik - besonders in den internationalen Beziehungen - nichts anderes als Symbolik und Diplomatie?

Zumindest seit Obamas Amtsantritt ist es so und das ist der Verdienst, den ihm das Nobelpreiskomitee so hoch anrechnet. Der erste Afroamerikaner im Weißen Haus ist ein Mann des Ausgleichs und des Kompromisses, was noch immer ein wohltuender Gegensatz zu seinem "Wer-nicht-für-uns-ist-ist-gegen-uns"-Vorgänger George W. Bush ist. Somit ist der Preis nicht nur eine Würdigung des Demokraten, sondern auch eine deutliche Absage an den Politikstil der Bush-Regierung.

Obamas außenpolitische Waffe ist die Grundsatzrede, wovon er schon inflationär viele gehalten hat: Seine Rede zum Amtsantritt. Die Rede in Prag, in der er seine Vision einer atomwaffenfreien Welt verkündete. Die Versöhnungsrede an die muslimische Welt.

Forderungen verpackt der 48-Jährige unauffällig in große Ideen, die er mit so viel Pathos vorträgt, dass eigentlich keiner mehr einfach dagegen sein kann. Trotzdem gibt er all seinen Verhandlungspartnern das Gefühl, mit den USA auf Augenhöhe zu verhandeln. Dieses Geschick lobt Oslo und verleiht den Nobelpreis ausdrücklich für die "Stärkung der internationalen Diplomatie" und nicht für tatsächliche Errungenschaften.

Mehr als zwei Jahre, nachdem Barack Obama als Hoffnungsträger der demokratischen Partei die politische Weltbühne betreten hat, ist er in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer mehr Messias als Macher. Der Tag wird kommen, an dem es dem US-Präsidenten nicht mehr reicht, eine Marke zu sein und eine Aura zu haben. Doch dass er jetzt nach nur wenigen Monaten im Amt den Friedensnobelpreis erhalten hat, verschiebt diesen Tag erneut.

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