Oslo:Friedensnobelpreis geht an belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki

Oslo: Mit dem Friedensnobelpreis geehrt: der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki

Mit dem Friedensnobelpreis geehrt: der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki

(Foto: TT News Agency/Reuters)

Außerdem sind zwei Menschenrechtsorganisationen geehrt worden, eine aus Russland und eine aus der Ukraine. "Gemeinsam zeigen sie, wie wichtig die Zivilgesellschaft für Frieden und Demokratie ist", sagt die Vorsitzende der Nobel-Komitees.

Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an den belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki. Außerdem wurden zwei Organisationen ausgezeichnet, Memorial aus Russland und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine.

Damit würdigte das Komitee unter der Vorsitzenden Berit Reiss-Andersen eine Privatperson und zwei Organisationen, die sich seit vielen Jahren für das Recht einsetzten, Mächtige zu kritisieren und die Grundrechte der Bürger zu schützen. "Gemeinsam zeigen sie, wie wichtig die Zivilgesellschaft für Frieden und Demokratie ist", sagte Reiss-Andersen. Das Komitee wolle mit dem Friedensnobelpreis drei herausragende Akteure in den Nachbarländern Belarus, Russland und Ukraine ehren, die sich für Menschenrechte, Demokratie und friedliche Koexistenz engagierten, so Reiss-Andersen.

Als Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin wolle das Komitee die Preisverleihung nicht verstanden wissen, wohl aber als Zeichen dafür, dass seine Regierung - wie auch die Regierung in Belarus - Menschenrechtsaktivisten unterdrücke. "Wir verleihen den Preis immer für etwas, nicht gegen etwas", sagte Reiss-Andersen.

Sie wandte sich in ihrer Rede zunächst an den belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki. Er gründete 1996 die Menschenrechtsorganisation Wjasna - zu Deutsch Frühling - die sich für politische Gefangene und deren Familien einsetzt. Derzeit ist Bjaljazkij in Belarus wegen des Vorwurfs des Steuerbetrugs inhaftiert.

Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial International war 2004 bereits mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden. Sie hat sich der Aufarbeitung insbesondere stalinistischer Verbrechen verschrieben, und setzt sich für Gefangene, die nach ihrer Ansicht aus politischen Gründen inhaftiert sind, ebenso ein wie für Schutz suchende Angehörige von Minderheiten. Sie war Ende der Achtzigerjahre vom russischen Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow mitgegründet worden - und wurde Ende 2021 von einem Moskauer Gericht aufgelöst. Als Begründung brachte das Gericht vor, die Organisation habe gegen das Gesetz über "ausländische Agenten" verstoßen.

Die Entscheidung löste damals internationalen Protest aus. Im Juni urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass dieses Gesetz gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt: Es öffne staatlicher Willkür Tür und Tor, so das Urteil. Es stelle eine Verletzung der Meinungsfreiheit sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit dar, die von der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert sind.

Das Center for Civil Liberties wurde 2007 in Kiew gegründet. Ziel der Menschenrechtsorganisation ist es, Menschenrechte und Demokratie in der Ukraine zu fördern. "Es hat sich dafür eingesetzt, die ukrainische Zivilgesellschaft zu stärken und Druck auf die Behörden auszuüben, damit die Ukraine zu einer vollwertigen Demokratie wird", sagte Berit Reiss-Andersen.

Im Vorfeld gab es Spekulationen, ob möglicherweise der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij den Preis erhalten könnte. Wettbüros hatten seinen Namen oben auf ihrer Liste. Die allermeisten Experten waren sich jedoch sicher, dass die Auszeichnung nicht an jemanden gehen würde, der gerade an einem Krieg beteiligt ist.

Die Bundesregierung hat erfreut auf die Entscheidung des Nobelkomitees reagiert. Diese Auszeichnung ehre "all jene, die mit enormen Mut und unter hohem Risiko für ihre Rechte und ihre Freiheit kämpfen", twitterte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Kritik an der Auswahl der Preisträger kam indes aus dem Büro des ukrainischen Präsidenten. "Das Nobelpreiskomitee hat eine interessante Auffassung des Wortes "Frieden", wenn den Friedensnobelpreis zusammen Vertreter zweier Länder erhalten, die ein drittes überfallen haben", schrieb der Berater des Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak auf Twitter. Weder russische noch belarussische Organisationen seien in der Lage gewesen, einen Widerstand gegen diesen Krieg zu organisieren.

Fast zeitgleich zur Verleihung des Friedensnobelpreises hat sich der UN-Menschenrechtsrat in Genf mit der Situation in Russland beschäftigt: Der Rat beschloss, einen Sonderberichterstatter einzusetzen, um mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen in Russland zu prüfen. Von den Ratsmitgliedern stimmten 17 für und sechs gegen die Resolution, die von fast 50 Staaten - darunter Deutschland - eingebracht worden war. Es gab 24 Enthaltungen. Der Menschenrechtsrat setzt damit erstmals einen Sonderermittler ein, der sich mit einem Mitglied mit einem Ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat beschäftigt.

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