Friedensnobelpreis für die Europäische Union:Vertreter der EU wollen zu dritt auf die Bühne

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Jubel vor der Europaflagge: Der Friedensnobelpreis 2012 geht an die Europäische Union. (Foto: dpa)

Wer soll die EU bei der Verleihung des Friedensnobelpreises 2012 vertreten? Die EU-Granden Van Rompuy, Barroso und Schulz haben eine typisch europäische Lösung gefunden: sie alle drei. Damit verkompliziert sich die Entgegennahme des Preises.

Von Martin Winter, Brüssel

Die Momente, in denen die Europäische Union von aller Welt bewundert, ja beneidet wird, sind in den Jahren der Krise rar geworden. Umso mehr drängt es die Brüsseler Würdenträger darum nun ins Rampenlicht der Verleihung des Friedensnobelpreises, den die EU am kommenden Montag in Oslo erhält. Und wie es bei den Berufseuropäern unvermeidlich ist, gab es ein langes Geschiebe hinter den Kulissen, wer denn den Preis entgegennimmt - wer Europa also vor den Augen der Welt verkörpern und damit globale Prominenz erringen darf.

Formal fiele diese Rolle dem Präsidenten des Europäischen Rates zu, Herman Van Rompuy. Laut EU-Vertrag vertritt er die Union in außen- und sicherheitspolitischen Fragen, und der Nobelpreis fällt eindeutig in diese Kategorie. Berufen fühlte sich aber auch José Manuel Barroso, der Präsident der Kommission. Die Kommission, heißt es aus ihren Reihen, sei schließlich die älteste und die zentrale Institution der EU und damit gewissermaßen die Inkarnation der Gemeinschaftsidee, die den Frieden über Europa gebracht habe.

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In der Krise - und doch ausgezeichnet: Die Europäische Union bekommt 55 Jahre nach ihrer Gründung den Friedensnobelpreis 2012. Von der Montanunion bis zur Einführung des Euros - ein Blick auf die Meilensteine.

Als dann noch Martin Schulz als Präsident des Europäischen Parlaments und damit Vertreter der 500 Millionen Europäer seinen Hut in den Ring warf, wurde die Sache schwierig. Denn jeder der Herrn ist, vorsichtig gesagt, auf seine sehr eigene Weise selbstbewusst.

Aber nach einigem Hin und Her, das nach unterschiedlichen Berichten entweder freundschaftlich oder zänkisch, brüderlich oder gockelhaft gewesen sein soll, einigten sich die drei bei einem Abendessen. In der hohen Kunst des Kompromisses geübt, produzierten sie eine typisch europäische Lösung: Weil keiner dem anderen den Vortritt lassen will, nehmen sie den Preis eben gemeinsam entgegen.

Geplant bis ins Detail

Aber so einfach geht das auch wieder nicht. Sogar der an sich unkomplizierte Akt der kollektiven Entgegennahme eines Preises wurde von den Präsidenten bis ins Detail geplant. Denn die Herren achten peinlich genau auf Ausgewogenheit. Wenn sie schon gemeinsam auf einer Bühne stehen müssen, dann will keiner weniger bedeutend erscheinen als die beiden anderen.

Nach dem letzten Stand der Gespräche wird Martin Schulz die goldene Medaille des Friedenspreises um den Hals gehängt werden. Dafür darf er nicht reden. Van Rompuy und Barroso nehmen vierhändig die Urkunde in Empfang und teilen sich dann die Festrede: Van Rompuy hält die erste Hälfte, Barroso die zweite. Am Donnerstag wurde noch daran gearbeitet, die beiden halben Reden so zu verknüpfen, dass sich das Ganze wie aus einem Guss anhört.

Leicht fiel es den Präsidenten dagegen, sich darauf zu einigen, wie das Preisgeld von etwa 930.000 Euro verwendet wird: Damit soll Kindern geholfen werden, die Opfer von Kriegen geworden sind. An wen das Geld konkret geht, soll in den nächsten Wochen entschieden werden. Nach Oslo werden auch die meisten der Staats- und Regierungschefs der EU reisen. Mindestens sieben der 27 kommen aber nicht. Entweder weil sie anderes vorhaben. Oder weil sie - wie der britische Premierminister David Cameron - die Vergabe des Friedensnobelpreises an die EU für keine glückliche Entscheidung halten.

© SZ vom 07.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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