Friedensbewegung und die Bombe:Die ganze Härte der Utopie

Nicht nur US-Präsident Obama will eine Welt ohne Atomwaffen: Doch ist die Welt ohne Bombe sicherer? Oder nicht sogar gefährlicher?

Stefan Kornelius

Die Friedensbewegung und die Ostermarschierer wurden von einem großen Motiv geeint und beflügelt: Die Welt soll ohne Atomwaffen sein. Jetzt, da Amerikas Präsident sich dieses Ziel zueigen gemacht hat, könnten sie eigentlich jubeln. Aber die Sache mit der nuklearen Totalabrüstung ist problematisch. Selbst größte Idealisten gestehen Barack Obama visionäre Weitsicht zu. Aber ist das Ziel auch realistisch? Oder noch härter gefragt: Ist es nicht sogar gefährlicher, eine Welt ohne Atomwaffen zu haben?

Friedensbewegung und die Bombe: Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten am Ostersonntag 2005 gegen die Errichtung eines Luft-Boden-Schießplatzes der Bundeswehr in Nordbrandenburg.

Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten am Ostersonntag 2005 gegen die Errichtung eines Luft-Boden-Schießplatzes der Bundeswehr in Nordbrandenburg.

(Foto: Foto: ddp)

Das Kernargument für eine Abschreckung mit der Bombe, und sei sie noch so klein ("minimal deterrence"), liefert die Kriegspsychologie seit der Steinzeit. Wann immer der Mensch eine bessere Waffe entdeckt hat, dann wollte er sie auch besitzen, weil sie ihn überlegen macht. Da sich das technologische Wissen über die Atombombe nicht aus den Hirnen löschen lässt, wird es also immer Staaten, Schurken oder Terrorgruppen geben, die nach der Bombe streben.

Der Schrecken bleibt

Bei sogenannten rationalen Akteuren wie Indien, Pakistan, den USA oder Russland dient die Bombe zur Machtbalance, oder sie erhöht das Drohpotential. Sie könnten in überprüfbaren Schritten ihre Arsenale abrüsten, was die Welt sicherer machte. Aber was ist mit den irrationalen Akteuren?

Nordkorea benutzt die Bombe zur Daseinssicherung, Israels Stärke erwächst nicht zuletzt aus seinem geheimen Arsenal. Und was ist mit Terrorgruppen, die nach angereichertem Material suchen-und sei es, um lediglich eine schmutzige Bombe zu bauen? Und noch ein Problem: Hat nicht die nukleare Pattsituation zwischen Indien und Pakistan dazu geführt, dass ein Gemetzel mit konventionellen Waffen ausgeblieben ist? Hat die Bombe den brüchigen Frieden um Kaschmir nicht sogar stabilisiert?

Fragen über Fragen, die sich Strategen seit Jahrzehnten stellen. Denn auch wenn die Utopie der Friedensmarschierer oder nun des US-Präsidenten hochgehalten wird - die Bombe will ihren Schrecken einfach nicht preisgeben.

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