Süddeutsche Zeitung

Aktionen in mehr als 80 Ländern:Fridays for Future rufen zu weltweiten Protesten für Klimaschutz auf

Lesezeit: 2 min

Mehr als 450 Aktionen planen die Aktivisten an diesem Freitag allein in Deutschland - zwei Tage vor der Bundestagswahl. Doch es gibt auch Kritik an dem "Klimastreik".

Die Aktivisten von Fridays for Future rufen für diesen Freitag zu ihrem achten weltweiten Protest für mehr Klimaschutz auf. Wie die Organisation am Donnerstag mitteilte, sind mindestens 1400 "Klimastreiks" und Aktionen in mehr als 80 Ländern geplant. In allen Ländern der EU wollen die Aktivisten auf die Straße gehen, um von den politisch Verantwortlichen eine ambitioniertere Klimaschutzpolitik zu fordern.

Auch in Deutschland wollen die Klimaschützer nur zwei Tage vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag ein deutliches Zeichen setzen und die Menschen für das Thema sensibilisieren. Bisher seien mehr als 450 Aktionen in allen Bundesländern angemeldet. Besonders große Kundgebungen erwarten die Organisatoren in Hamburg, Berlin, Freiburg und Köln. In Berlin wird die Initiatorin der Bewegung, die Schwedin Greta Thunberg, zu Gast sein und am Mittag gemeinsam mit der deutschen Aktivistin Luisa Neubauer auf die Straße gehen.

Unter dem Motto "Alle fürs Klima" haben sich dem Protest nach Angaben von Fridays for Future auch zivilgesellschaftliche Organisationen wie Umweltverbände und Kirchen angeschlossen. Darüber hinaus sollen sich auch mehr als 4000 Unternehmen beteiligen. Die letzte weltweite Protestaktion war am 19. März dieses Jahres.

2021 war für Versicherungen das teuerste seit der Nuklearkatastrophe in Fukushima

Die französische Klimaexpertin Laurence Tubiana warnte vor den hohen finanziellen Folgen, die ein Zögern in der Klimaschutzpolitik für die Gesellschaft haben könnte. Weltweit sei dieses Jahr für die Naturkatastrophenversicherungen bereits das teuerste seit der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 gewesen, sagte die Ökonomin und Geschäftsführerin der European Climate Foundation am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Tubiana sagte, auch für die deutschen Versicherer könne es angesichts von Extremwetterereignissen wie der Flut in diesem Sommer das teuerste Jahr seit Langem werden.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisierte die Diskussion über die Klimapolitik im Wahlkampf als einseitig auf nationale Maßnahmen ausgerichtet. "Wir diskutieren in Deutschland im Wahlkampf leider oft sehr national und kleinteilig, damit sind wir nicht auf dem richtigen Weg unterwegs", sagte sie der Augsburger Allgemeinen. "Es wäre kontraproduktiv, Deutschland klimaneutral zu machen, wenn gleichzeitig Unternehmen abwandern, unsere Innovationskraft sinkt und sich außerdem Emissionen nur verlagern, also andere Länder mehr Emissionen ausstoßen."

Der Deutsche Lehrerverband kritisierte die Teilnahme von Schülerinnen und Schülern an den Protestaktionen. "Wir lehnen es ab, dass die Schulpflicht zugunsten politischer Aktionen - etwa im Rahmen eines sogenannten Klimastreiks - aufgehoben wird", sagte Präsident Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er begründete dies mit der Gefährdung der notwendigen politischen Neutralität des Staates, der für den Schulbetrieb verantwortlich sei.

"Es stellt sich ansonsten die Frage, für welche politischen Aktionen man schulfrei bekommen würde und für welche nicht. Darf man dann auch bei einer Demo gegen den Welthunger, für den Frieden in der Welt, für die Befreiung Palästinas oder gegen "Überfremdung" schulfrei nehmen?", so Meidinger. Die Schule dürfe nicht zwischen "guten" erlaubten und "schlechten" unerlaubten Aktionen unterscheiden. "Jetzt für einen Streik den Unterricht zu schwänzen, ist nicht angemessen", sagte Meidinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Schüler, die eine Klassenarbeit oder eine Klausur versäumten, riskierten eine Sechs.

Neubauer forderte die nächste Bundesregierung zum Handeln auf: "Die kommende Legislaturperiode ist historisch. In den nächsten vier Jahren muss Klimaschutz schneller, gerechter und konsequenter umgesetzt werden als jemals zuvor", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Den Hungerstreik, mit dem eine Aktivistin und ein Aktivist in Berlin ein Gespräch mit den Kanzlerkandidaten vor der Wahl am Sonntag erzwingen wollen, hat eine Fridays-for-Future-Aktivisten verteidigt. Jeder könne selbst darüber entscheiden, was ein legitimes Mittel des Protestes sei, sagte Carla Reemtsma dem Sender RTL/NTV. "Ich finde es vor allem erstmal erschütternd, dass junge Menschen in Anbetracht des politischen Versagens, das wir im Bereich der Klimakrise erleben, das Gefühl haben, zu diesem Mittel greifen zu müssen", sagte Reemtsma. In der Klimabewegung stehe man für dieselben Ziele ein, so Reemtsma. Fridays for Future rufe allerdings nicht zum Hungerstreik auf.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5419990
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/berj
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.