Fremdenfeindlichkeit:Sachsens Problem

Ministerpräsident Tillich räumt im Bundesrat ein, dass der Rechtsextremismus in Sachsen unterschätzt wurde. Die Kritik aus seiner Heimat reißt dennoch nicht ab.

Von Constanze von Bullion und Cornelius Pollmer, Berlin/Dresden

Nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Clausnitz und Bautzen haben Bundespräsident Joachim Gauck und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Freitag Entschlossenheit im Umgang mit Rechtsextremisten signalisiert. "Das möchte ich nach den jüngsten Zwischenfällen einigen Landsleuten hier mit allem Nachdruck ins Stammbuch schreiben", sagte Gauck: "Richtet Eure Unzufriedenheit und Eure Wut nicht gegen jene, die viel schwächer und verletzlicher sind, als Ihr es seid! Isoliert die Hetzer, die Brandstifter und Gewalttäter."

Bei einem Symposium über die europäische Flüchtlingspolitik rief Gauck zu mehr Solidarität in Europa auf und sprach von einer "verstörenden Entwicklung". Die Flüchtlingskrise drohe "das Grundgefüge Europas zu destabilisieren". Deutschland habe auf der Suche nach einer solidarischen Lösung "kaum Verbündete". Nun sei ein "neues Nachdenken" über Kompromisse nötig, und zwar "nicht allein im jeweils nationalstaatlichen Rahmen". Menschen, Parteien und Regierungen aber, die "Flüchtlinge instrumentalisieren, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren", bewegten sich jenseits der "humanistischen und rechtlichen Grundlagen unserer Gemeinschaft", sagte Gauck.

Auch im Bundesrat kamen die fremdenfeindlichen Krawalle zur Sprache. Stanislaw Tillich (CDU) sagte, Sachsen habe "ein Problem mit Rechtsextremismus, und es ist größer, als es der ein oder andere bisher wahrhaben wollten." Wer Busse angreife oder Unterkünfte anzünde, "hat alles verraten, was Sachsen, was Deutschland ausmacht". Für einen starken Staat sei die Stärkung demokratischer Bildung nötig. Aus Sachsen kam am Freitag Kritik an Tillich. Wie seine Partei habe er die Fremdenfeindlichkeit zu lang nicht wahrhaben wollen. Vor einer Veranstaltung für Flüchtlingshelfer, zu der die Staatskanzlei nach Dresden eingeladen hatte, gab es viele Absagen. Das Netzwerk "Dresden für Alle" verfasste einen Brief, den 600 Personen und fast 70 Organisationen unterzeichneten. Gefordert wurde ein stärkeres Engagement Tillichs gegen "die sich mehrenden Angriffe gegen die Grundfesten unserer Verfassung" und bessere Kooperation mit Hilfsprojekten.

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