Oberbürgermeister Rupert Kubon weiß, dass seine Stadt in Deutschland nicht den besten Ruf hat. Im Stadtrat von Villingen-Schwenningen sitzt seit Jahren ein NPD-Mann, es haben turbulente Demonstrationen von Pegida stattgefunden, vergangene Woche nahm die Polizei dort den mutmaßlichen Betreiber der Neonazi-Internetseite "Altermedia" fest.
Doch weist Kubon, ein Sozialdemokrat, die Unterstellung zurück, er regiere ein rechtsgewirktes Gemeinwesen. Es gebe viel ehrenamtliches Engagement für Flüchtlinge - zwar auch Protest, aber selbst in der Beziehung sei es gerade "relativ entspannt". Denn die Unterkünfte sind kaum belegt. Und nun diese Meldung: In der Nacht auf Freitag wurde eine Handgranate über den Zaun des Quartiers in der Kirnacher Straße geworfen.
Der Sicherheitssplint war gezogen
"Wir sind entsetzt und verurteilen die Gewalt", sagt Kubon am Telefon. Aber ein Urteil über die Hintergründe der Tat will er erst einmal nicht abgeben.
Die Handgranate enthielt Sprengstoff, der Sicherheitssplint war gezogen, doch der Sprengkörper explodierte nicht. Möglicherweise war kein Zünder verbaut. Ein Wachmann bemerkte die Granate gegen 1.15 Uhr. Aus Stuttgart rückten Experten des Landeskriminalamts an, gegen fünf Uhr morgens sprengten sie die Granate kontrolliert.
Eine Handgranate als Waffe - das bedeutet eine neue Dimension der Gewalt gegen Flüchtlingsheime in Deutschland. Erstmals wurde Sprengstoff verwendet. Allerdings weiß die Polizei noch nicht, ob der Anschlag sich gegen die Flüchtlinge richtete. Sie ermittelt in alle Richtungen. Es wurde eine Sonderkommission mit 75 Beamten gebildet, sie trägt den Namen "Container".
"Die neue Qualität der Hetze und Gewalt muss allen Demokraten ein Ansporn sein, noch entschiedener für unsere offene und tolerante Gesellschaft einzutreten."
Und der Name deutet auf ein alternatives Tatmotiv an: Die Granate flog in Richtung eines Containers, in dem sich in der Nacht drei Wachleute eines privaten Sicherheitsdienstes aufhielten. Sie wären die Opfer gewesen, wenn die Granate explodiert wäre. Angeblich verfügt die Polizei über Hinweise, die Tat könnte mit Vorfällen im Wachteam zu tun haben.