Freiwillige Selbstkontrolle:Mehr Transparenz für Pharma-Spenden

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Die Arzneimittelkonzerne geben erstmals Auskunft darüber, wie viel Geld sie an Selbsthilfegruppen gezahlt haben.

Von Guido Bohsem, Berlin

Die Zusammenarbeit zwischen etwa 70 000 Selbsthilfegruppen und der Pharmaindustrie erscheint traditionell nicht im besten Licht. Häufig wird unterstellt, dass die Unternehmen die Mitglieder der Organisation als Werbeplattform für ihre Medikamente nutzen oder als Druckmittel für politische Auseinandersetzungen. Seit Langem schon wehrt sich die Industrie gegen diesen Verdacht und bemüht sich, mehr Licht und Transparenz in die Zusammenarbeit zu bringen.

In diesem Jahr präsentiert die Freiwillige Selbstkontrolle der Pharmaindustrie (FSA) erstmals auf ihrer Internet-Seite einen vollständigen Überblick darüber, welches Unternehmen den unterschiedlichen Patientengruppen Geld zukommen hat lassen und zu welchem Zweck. So wurden 2015 etwa 5,874 Millionen Euro gezahlt.

Den höchsten einzelnen Betrag stellte den Angaben zufolge Sanofi Pasteur mit 140 000 Euro zur Verfügung. Empfänger war das Ethno-Medizinische Zentrum in Hannover. Ziel der Spende war nach Angaben des Pharmariesen die "Unterstützung mehrerer Projekte zur Gesundheitsprävention bei Migranten". Das Engagement ist nicht ganz uneigennützig, da sich das Unternehmen auf die Herstellung von Impfstoffen spezialisiert hat und dieses Thema angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge eine große Rolle spielt. 120 000 Euro spendete Bayer Healthcare an die europäische Vereinigung von Patienten mit Lungenhochdruck. Das Unternehmen entwickelte in den vergangenen Jahren mit Riociguat einen Arzneistoff, der gegen zwei Formen der Krankheit eingesetzt wird. Das Medikament wurde 2014 von der europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen.

Bayer Healthcare hat insgesamt die höchste Spendensumme gezahlt. Gut eine Million Euro ging an die Organisationen. Die FSA listet alles in allem 32 Zuwendungen auf. In manchen Fällen erhielt aber eine Organisation auch zwei unterschiedliche Spenden. Die deutsche Tochter des US-Unternehmens AbbVie liegt mit Spenden in Höhe von 730 000 Euro an Patientengruppen an zweiter Stelle. Großspender sind zudem die Pharmariesen Novartis und Pfizer.

FSA-Geschäftsführer Holger Diener sagte, die Veröffentlichung der Daten dienten der Vertrauensbildung und sichert die Neutralität und Unabhängigkeit der Organisationen. "Gewinner dieser Regelung sind die betroffenen Patienten." Er verwies darauf, dass die gesetzlichen Krankenkassen beinahe zehnmal mehr an die Patientenorganisationen zahlen als die Pharmaunternehmen. Sie sind dazu allerdings zum Teil gesetzlich verpflichtet.

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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