Freilassung von Lockerbie-Attentäter:Brown in Bedrängnis

"Keine Verschwörung, kein Ölgeschäft": Der britische Premier wehrt sich gegen die Vorwürfe, bei der Freilassung des Lockerbie-Attentäters hätten Wirtschaftsinteressen eine Rolle gespielt.

Nach der umstrittenen Begnadigung des Lockerbie-Attentäters gerät Großbritanniens Premierminister Gordon Brown in politische Nöte. Der Regierungschef wies am Mittwoch entschieden zurück, dass Ölgeschäfte oder andere Wirtschaftsinteressen in Libyen bei der Freilassung des Attentäters eine Rolle gespielt haben könnten.

Freilassung von Lockerbie-Attentäter: Großbritanniens Premier Brown wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Großbritanniens Premier Brown wehrt sich gegen die Vorwürfe.

(Foto: Foto: dpa)

Außenminister David Miliband bestätigte derweil im BBC-Radio, die britische Regierung habe nicht gewollt, dass der krebskranke Libyer Abdel Bassit Ali Mohammed al-Megrahi im schottischen Gefängnis stirbt.

In Birmingham sagte Brown: "Es gab keine Verschwörung, kein Vertuschen, keine Doppelzüngigkeit, kein Ölgeschäft, keinen Einfluss auf schottische Minister und kein Versprechen an (den libyschen Revolutionsführer) Gaddafi."

Er betonte aber, dass die "strategischen Beziehungen" zu Libyen wichtig seien. Es sei im Interesse Großbritanniens, dass Libyen wieder in die internationale Gemeinschaft zurückkehre. Das Land spiele eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Terror.

Die schottische Regierung hatte den todkranken Al-Megrahi vor knapp zwei Wochen begnadigt und in seine Heimat entlassen. Bei dem Anschlag auf eine Maschine der Linie PanAm über dem schottischen Ort Lockerbie im Dezember 1988 kamen 270 Menschen ums Leben. Al-Megrahi wurde 2001 für die Tat zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er selbst hatte seine Schuld jedoch stets zurückgewiesen.

Dokumente der schottischen und britischen Regierung hatten am Dienstag gezeigt, dass die Beziehungen zwischen Libyen und Großbritannien bei dem Urteil über die Zukunft des Attentäters eine Rolle gespielt hatten.

Eigentlich hatte die Regierung die Papiere auch veröffentlicht, um Spekulationen über mögliche britische Wirtschaftsinteressen in Libyen aus dem Weg zu räumen. Brown stand tagelang in der Kritik, weil er seine Meinung zu dem Fall bisher nicht öffentlich gemacht hatte.

Die Opposition beschuldigte Brown der "Doppelzüngigkeit" und forderte eine öffentliche Untersuchung des Falls. Der Chef der Konservativen, David Cameron, betonte, Brown müsse "Klartext" reden und seine Position erläutern.

Der Chef der Liberaldemokraten, Nick Clegg, sagte, die Dokumente zeigten, dass Brown und seine Minister die Freilassung Al-Megrahis wollten, "weil sie wussten, dass Wirtschaftsinteressen auf dem Spiel standen".

"Wenn jemand per Gericht wegen des Mordes an 270 Menschen verurteilt wurde, dann gibt es kein Öl-Geschäft der Welt, das eine Aufhebung dieses Urteils rechtfertigt."

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