Frauke Petry:Der lange Schatten von Weinböhla

Der AfD-Chefin droht Ärger, die Ursachen dafür liegen weit zurück. Nun soll ihre Immunität aufgehoben werden.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Frauke Petry

"Wir haben uns nicht gewandelt", sagt Frauke Petry über sich und ihren Ehemann. Es sei die AfD gewesen, die sich verändert habe.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Der Vorwurf des Meineids hängt AfD-Chefin Frauke Petry seit einer Weile schon an, seit ein paar Tagen hat er nun zusätzliches Gewicht. Wie am Montag bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Dresden beim sächsischen Landtag die Aufhebung der Immunität von Petry beantragt. Sollte der Landtag diesem Antrag folgen, könnte eine Anklage folgen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit mehr als einem Jahr gegen die 42-Jährige. Hintergrund sind dem Anschein nach widersprüchliche Aussagen vor dem Wahlprüfungsausschuss des Landtages im Zusammenhang mit der Aufstellung der Kandidatenliste der AfD zur Landtagswahl 2014. Daraufhin waren zwei Strafanzeigen gegen Petry gestellt worden.

Die Frage, ob Petrys Aussage vor dem Wahlprüfungsausschuss am Ende in ein Verfahren gegen sie mündet, führt zurück in den April 2014 ins sächsische Weinböhla. Dort bestimmte die AfD ihre Kandidaten für die bevorstehende Landtagswahl. Diese bekamen hernach Darlehensverträge vorgelegt, mithilfe derer sie Geld für den Wahlkampf der Partei vorstrecken sollten, bis zu 3000 Euro pro Kandidat. Ein ehemaliger Parteivorstand behauptete später, wohl auch wegen seiner Weigerung, dieses Darlehen zu geben, von der Kandidatenliste gestrichen worden zu sein - und forderte deswegen die Wiederholung der Landtagswahl. Im Zuge der Prüfung dieses Vorwurfs wurden Frauke Petry sowie ihr damaliger stellvertretender Landesvorsitzender Carsten Hütter vor den Ausschuss geladen - und trafen dort auf die Abgeordneten Christian Piwarz (CDU) und André Schollbach (Linkspartei), beide von Beruf Juristen, Letzterer seit Langem bekannt für seine Hartnäckigkeit, die ihm fall- wie wahlweise als Gründlichkeit anerkannt oder als Nervtöterei vorgehalten wird.

In der Anhörung nun ging es um die Frage, wann genau in welchem Umfang Petry von den Darlehen gewusst habe, genauer: wann genau sie wusste, wer der Partei bereits Geld zugewiesen habe und wie viele der Darlehensverträge Petry persönlich abgezeichnet habe. Mithilfe erst solcher Informationen schließlich ließe sich womöglich klären, ob mit der Darlehensforderung unzulässiger Druck auf Kandidaten aufgebaut worden war.

Vor dem Ausschuss sagte der damalige Vize Hütter, Petry habe alle Verträge gezeichnet und sei gleich nach dem Parteitag in Weinböhla über deren Umsetzungsstand informiert worden. Petry machte davon abweichende Angaben. Beide, Hütter und Petry, sagten unter Eid aus - und so entstand die noch immer im politischen Raum herumstehende Frage, die fast suggestiv erscheint: Wenn zwei Menschen unter Eid etwas Unterschiedliches über denselben Sachverhalt sagen, können dann beide bei der Wahrheit geblieben sein?

Die Spitze der Bundespartei jedenfalls stützte Petry am Montag zunächst. "Die Beantragung der Aufhebung der Immunität von Frauke Petry spielt bei unserer Beurteilung der Lage keine Rolle", sagte AfD-Vize Alexander Gauland, und er ergänzte: "Wir stehen zu ihr, es gilt die Unschuldsvermutung." Sachsens AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer richtete aus, Frauke Petry habe sich in der Vergangenheit umfassend gegenüber der Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen gegen sie geäußert. Sie sehe dem weiteren Verfahren "mit Gelassenheit entgegen, da sie sich sicher ist, keine Straftat begangen zu haben". Die Parteichefin selbst befindet sich derzeit noch im Mutterschutz.

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