Frauentag: Claudia Roth:"Freiwillig passiert Gleichberechtigung nicht"

Drei Generationen, drei Meinungen: Hildegard Hamm-Brücher, Claudia Roth und Katja Kipping erzählen von ihren Erfahrungen als Frauen in der Politik.

Der 8. März ist der Internationale Frauentag. Zu diesem Datum hat sueddeutsche.de drei Politikerinnen aus drei Generationen gefragt, welche Rolle ihr Geschlecht in der Politik spielt.

Frauentag: Claudia Roth: Parteivorsitzende der Grünen Claudia Roth

Parteivorsitzende der Grünen Claudia Roth

(Foto: Foto: ddp)

Claudia Roth, Jahrgang 1955, ist Parteivorsitzende der Grünen und begann ihre politische Laufbahn 1985 als Pressesprecherin ihrer Partei.

"Ich bin in einer sehr konservativen ländlichen Ecke von Bayern groß geworden. Es ging dort sehr patriarchal zu. Viele meiner Schulkameradinnen sind vor dem Abi aus der Klasse genommen worden nach dem Motto: Das lohnt sich ja gar nicht, die heiraten ohnehin.

Frauen mit politischem Interesse waren da eher etwas ungewöhnliches. Ich bin dann bei der Landtagswahl 1974 zum ersten Mal wählen gegangen. Es war gerade die Altergrenze für Erstwähler auf 18 Jahre gesenkt worden. Ich habe meine erste Stimme übrigens der FDP gegeben. Die galt damals in Bayern geradezu als linksradikal.

Ich hatte damals schon ein Gefühl von Stolz, dass es Frauen waren, die das selbstverständliche Recht auf Teilhabe, auf politische Partizipation für Frauen durchgesetzt haben. Also: Dankeschön ihr Großmütter. Ich bin genauso dankbar den Müttern des Grundgesetzes, weil sie für Frauen und Männer die gleichen Rechte hineingeschrieben haben.

Ich habe aber auch immer gedacht, meine Güte, wie kann es sein, das alle diese guten Dinge im Grundgesetz stehen, aber sie mit der Wirklichkeit so wenig zu tun haben. Darum war es gut, dass wir bei den Grünen eine Quote eingeführt haben. Denn freiwillig passiert Gleichberechtigung nicht. Die Quote hat den Anstoß gegeben für eine der wichtigsten gesellschaftlichen Veränderungen in diesem Land. Das wir heute eine Kanzlerin haben ist auch der grünen Quote zu verdanken.

Aber wir sind noch nicht am Ziel. Angela Merkel ist ja meist die einzige Frau auf den Familienfotos von politischen Gipfeln. Frauen verdienen immer noch nicht so viel wie Männer. Und wir haben noch immer frauenfreie Zonen in Vorstandsetagen. Das ist alles ein Skandal."

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