Süddeutsche Zeitung

Durchbruch bei Regelung für Vorstände:Kramp-Karrenbauer feiert Frauenquote

"Durchbruch", "Signalwirkung" und "endlich": Die Einigung der Koalition auf eine Frauenquote in Unternehmensvorständen erzeugt ein positives Echo. Die CDU-Chefin sieht die Firmen im Vorteil.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die nach zähen Verhandlungen in der Koalition erzielte Einigung für schärfere Vorgaben für Chefinnen in der Wirtschaft begrüßt. "Dass die Frauenquote nun endlich für Vorstände bei größeren Unternehmen kommt, ist ein Durchbruch und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung und Chancengleichheit in Deutschland", sagte Kramp-Karrenbauer der Süddeutschen Zeitung. Der Kompromiss sei "zwar nur ein erster Schritt, aber einer mit wichtiger Signalwirkung", sagte sie. "Ich bin davon überzeugt, dass Unternehmen von stärker durchmischten Führungsteams profitieren werden."

Die Arbeitsgruppe der Koalition zum Gesetzesentwurf für mehr Frauen in Chefposten (FüPoG2) hatte sich Freitagabend abschließend auf einen Acht-Punkte-Plan geeinigt. Danach müssen Vorstände in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau bestellen. Bestehende Vorstände erhalten allerdings Bestandsschutz. Vorstände, Aufsichtsräte und die beiden darunterliegenden Führungsebenen dürfen grundsätzlich nicht mehr ohne Begründung mit einem Geschlecht besetzt werden - andernfalls drohen Bußgelder. Unternehmen des Bundes müssen im Aufsichtsrat mindestens 30 Prozent des anderen Geschlechts besetzen. Vorstände mit mehr als zwei Mitgliedern müssen eine Frau bestellen. In Vorständen und Geschäftsführungen von Krankenkassen, der Bundesagentur für Arbeit sowie der Renten- und Unfallversicherungen wird eine Mindestbeteiligung von einem Mann und einer Frau eingeführt.

Esken lobt Giffeys und Lambrechts "Hartnäckigkeit"

Kramp-Karrenbauers Hinweis auf die durchmischten Führungsteams lässt sich auch als Kritik an ihren potenziellen Nachfolgern verstehen. Drei Parteifreunde bewerben sich um das Amt, keiner von ihnen hat bisher eine Frau an seiner Seite. Friedrich Merz, selbst erklärter Wirtschaftsexperte, lehnt eine Quote in der Wirtschaft bisher ab, auch parteiintern ist er skeptisch. Armin Laschet und Norbert Röttgen stehen den Überlegungen dagegen offen gegenüber.

Die SPD hatte seit Jahren für verbindliche Regelungen gekämpft. Co-Partei-Chefin Saskia Esken lobte, man sei dem Ziel, Frauen fair an Führungspositionen zu beteiligen, "endlich ein großes Stück näher gekommen". Der "Hartnäckigkeit" der Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht - sie hatten den Gesetzentwurf vorlegt - und von Vizekanzler Olaf Scholz sei es vor allem zu verdanken, "dass Aufsichtsräte insgesamt und Vorstände mit mehr als zwei Mitgliedern ganz ohne Frauen endlich ein "no go" sein werden". Esken erwartet, "dass das Gesetz jetzt ohne weiteren Zeitverzug ins Parlament eingebracht, beraten und verabschiedet werden kann."

Soziologieprofessorin Jutta Allmendinger warnte, sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben. "Wir müssen weitere Regelungen angehen, die die strukturelle Benachteiligung von Frauen bedingen", sagte die Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin der SZ. "Es geht uns auch um mehr Diversität in Leitungsgremien, egal in welchen Sektoren. Die Geschlechterfrage ist da nur eine wichtige Dimension", sagte sie. "Nächste Woche geht die Arbeit weiter."

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